Versengold, eine lustige und bunte Spielmannstruppe, die ihre Bekanntheit längst über Mittelaltermärkte hinaus ausdehnen konnte. Erst am vergangenen Wochenende konnten sie auf der Mainstage des M’era Luna Festivals beweisen, was in ihnen steckt und das nicht nur vor kleinem Publikum. Ob der frühen Zeit waren erstaunlich viele Tanzenden vor der Bühne zu sehen und feierten unter anderem auch einen neuen Song des Albums „Zeitlos
“, das am 31.07. via Fuego erschienen ist. Der Silberling ist bereits das siebte Studioalbum, aber das erste, das es sogar in die deutschen Albumcharts schaffte. Allein das beweist die Größe ihrer Fanbase, aber auch das Album spricht für sich.
Das Werk beginnt mit dem Titeltrack „Zeitlos“, das mit einem fröhlichen Geigenintro beginnt und dem Hörer sagt: Hier wird getanzt und Spaß verbreitet! Aber sobald Snorre mit seinem klaren und ehrlichen Gesang einsteigt wird auch deutlich, dass Versengold zum Nachdenken anregt. Intention des ersten Songs ist ganz klar: Lebe dein Leben jetzt und hier, tanze als gäbe es kein Morgen und genieße das, was du momentan hast. Zum zweiten Song „Ihr seid Musik“ gibt es bereits ein Musikvideo, doch auch auf dem Album spricht die Musik für sich. Tiefe Texte mit viel Bedeutung, verpackt in die typisch fröhlichen Melodien. Eine Mischung, die mitreißt!
„Kein Trinklied“ wird zwar nicht ganz so rasant begleitet, erhält aber in Interludium und Refrain Rhythmus, zu dem sich durchaus tanzen lässt. Interpretieren lassen sich Snorres gelungene Texte auf unterschiedliche Weise, ob nun als Kritik am (grundlosen) Saufgelage, oder eben als das genaue Gegenteil, das liegt wohl im Auge des Betrachters. Zum Nachdenken regt dann aber der „Frühlingsgruß“ definitiv wieder an. Wir sind eben nicht allein auf dieser Welt und wir sind ein Teil der Natur. Das kommt in diesem Song wundervoll zur Geltung. Themenwechsel, zurück zum mittelalterlichen Gelage, wie man es schon aus früheren Versengold-Werken kennt. „Hoch die Krüge“ ist sowohl ein energiegeladenes Stück Musik, aber dennoch auch erneut ein Appell ans Leben, dieses zu akzeptieren und es zu feiern, anstatt es zu hassen oder sich in Tristesse zu verlieren. Diese Themen verpackt in wunderschöne Versengold-Melodien in Verbindung mit Snorres angenehme Stimme scheinen nahezu perfekt.
Balladen dürfen aber natürlich auch nicht fehlen. Lyrisch wertvoll und musikalisch mit ruhigem Violinenspiel kommen die Songs „Wolken“ und „Die Schönheit der Schatten“ daher. Zu tief in die Melancholie versinken Versengold aber keineswegs, denn im Anschluss folgt gleich das instrumentale eher fröhliche „Luna’s Reel“ und das flotte „Spaß bei Saite“, das einen Seitenhieb auf die Gesellschaft bereithält. Hier zeigt Versengold aber auch Bodenständigkeit und dass sie Spaß an ihrer Musik haben, ohne an Geld oder andere Vorteile zu denken. Dazu feiern sie einfach zu gern mit ihren Fans. Ähnliche Thematik findet sich auch im flotten „Der Rubel rollt“, das musikalisch an eine Polka erinnert.
Die Liebe kommt in „Zeitlos“ ebenfalls nicht zu kurz. „Schon immer mal“ verdeutlicht lyrisch schön verpackt die Faszination und die Anziehungskraft eines Menschen auf einen anderen und zeigt ganz normale Sehnsüchte auf, ohne kitschig zu klingen. Ein weiteres fröhliches Instrumentalstück „Sol’s Reel“ leitet über zum Finale des Albums. „Die Namen von Millionen“ und das „Schlaflied“ gehen tief unter die Haut und es lässt sich kaum beschreiben, wie Versengold es schafft aktuelle Themen wie Krieg, Armut und Elend zu verarbeiten.
Insgesamt kann ich persönlich nur sagen, dass Versengold mit „Zeitlos“ eines der wundervollsten, lyrischsten und ehrlichsten Alben geschaffen haben, die ich in diesem Jahr hören durfte. Ich habe Versengold schon immer gerne gehört und besonders live immer sehr gefeiert, aber besonders „Die Namen von Millionen“ und „Schlaflied“ haben mich berührt. Mit diesem Album haben sie so deutlich wie nie gezeigt, dass man mittelalterliche Klänge und sogar tanzbare Musik mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen füllen kann. Wer hier nicht hinhört, wird es nicht verstehen, aber sowohl musikalisch, als auch lyrisch ist „Zeitlos“ eine friedliche Bombe, die direkt in mein Herz eingeschlagen ist. Danke dafür und alle Daumen hoch!