Die Wölfe aus Coburg sind zurück. Varg zeigen mit ihrem neuen Album erneut, was in ihnen steckt. Nach vier Jahren CD-Abstinenz haben die Pagan-Metaller nun etwas ganz Besonderes auf den Markt geworfen. Am 15. Januar erschien über Napalm Records ihr neues Werk, das den Namen „Das Ende aller Lügen
“ trägt. Die Scheibe kommt aber dieses Mal nicht allein, denn sie hat ihren englischen Zwilling „The End Of All Lies
“ mitgebracht. Wie uns das Album gefallen hat, lest ihr in der folgenden Rezension.
„Das Ende aller Lügen“ beginnt mit einem Ausschnitt aus einer Rede von Charlie Chaplin. Er stammt aus seine Diktatorenrede und wirkt zunächst etwas merkwürdig als Opener eines Pagan-Metall-Albums, aber es ist gerade heute bei der aktuellen Weltsituation einfach passend. Etwas Besseres hätte man eigentlich nicht wählen können, um auf die Missstände hinzuweisen, die es schon einmal gegeben hat. Der Übergang zu den musikalischen Tracks des Albums ist dafür aber um so holpriger. Der Titelsong hat es ab der ersten Sekunde ordentlich in sich. Aber was bitte hat es damit auf sich, ‚die Führer zu enthaupten‘, obwohl Chaplin zuvor noch zum Frieden aufgerufen hatte?
Ein bisschen zwischen den Zeilen gehört, wird es ein bisschen klarer: Chaplin fordert auch die Soldaten dazu auf, sich gegen das Regime und die Lügen zu erheben und nicht wie Maschinen nur zu folgen. Er regt zum Nachdenken an und dass man sich nicht alles gefallen lassen muss, ganz gleich von welcher Seite. Nichts anderes drückt der Song aus, nur auf seine metalllastige und brutale Art. Der teilweise mehrstimmige, geschriene Gesang wirkt dabei tatsächlich wie ‚der Widerstand‘ oder gar die „Revolution“, die im zweiten Track gleich noch einmal direkt angesprochen wird. Noch ein bisschen härter und brutaler wird das Gitarren-Gemenge und lädt zum headbangen ein. Live mag dieses Stück ein wahrer Kracher sein, wenn die gesamte Meute „Revolution“ brüllt und Varg zur ‚Wolfszeit‘ aufruft.
In wölfischer und etwas ruhigerer Manier dröhnt dann „Streyfzug“ durch die Boxen. Die Gitarrenriffs sind nicht mehr ganz so wild und etwas melodiöser. Passend dazu wird der Refrain vom ganzen Rudel gesungen. Die Zeilen bleiben schnell im Ohr und nach nur einem Hören kann man mitsingen. Ein akustischer Refrain gegen Ende gibt dem ganzen Titel seinen wundervollen Charme von brutalem Metall gepaart mit ruhigeren Klängen. Der Song projiziert einem ein Bild einer Vikinger-Armee, die vor der Schlacht gemeinsam auf die Feinde warten, ins Hirn, das sich nicht vertreiben lässt. Aber „Achtung“, die Wölfe greifen an! Die Themen von Angriff, Widerstand und wilder Wölfe kommen auch in diesem Stück nicht zu kurz. Die Gitarren spielen dabei so eingängige und harte Passagen, dass man auch unwillentlich einfach mit dem Kopf wippt. Die „Dunkelheit“, zu der es auch ein Musikvideo gibt, bietet einen Mix aus brutalem Geschrei und ruhigeren, aber immer noch harten Gitarren. Völlig ruhige, aber düstere Interludien balancieren den Song aus.
Im „Totentanz“ wird Freki (Gesang) von einer Frau begleitet. Begleitet von melodiösen und ruhigen Sounds von Gitarre und Bass fordern sie sich auf, ein letztes Mal den Totentanz zu tanzen. Frekis Stimme ist wie gewohnt rauchig und hart, er schreit seinen Part beinahe in die Welt hinaus. Da ist der weibliche Part eine beruhigende und schöne Abwechslung. „Einherjer“ beginnt dagegen mit einem Männerchor, der bald von jaulenden Gitarren abgelöst wird. Auch das Schlagzeug legt hier ordentlich Tempo vor, sodass einem schon etwas schwindlig werden kann. Der Refrain hingegen hat wieder einen sanfteren choralen Klang. Der „Wintersturm“ wird dann aber fast zu rasant losgelassen. Die Wölfe kommen nach Hause und haben immer noch Power. Die Gitarren wirken aber irgendwie durcheinander, eben genau wie ein Sturm. Im Ohr wirkt das aber doch eher verwirrend. Der letzte Song „Ascheregen“ erzeugt durch das ruhige Intro eine Welt, in der nichts mehr existiert. Der Krieg ist zu Ende, die letzte Schlacht ist geschlagen. Der Verlust ist groß und genau das suggeriert auch der Text, der ausnahmsweise völlig ruhig gesungen präsentiert wird. Das gesamte Lied hindurch bleibt das Endzeit-Gefühl bestehen. Nur im Refrain steigert sich Tempo und Lautstärke, ändert aber nichts an dem Feeling.
Fazit: Insgesamt ist das Album „Das Ende aller Lügen“ musikalisch doch recht abwechslungsreich. Es gibt ruhige und schnelle Parts, mal jaulen die Gitarren auf, mal spielen sie scheinbar wild durcheinander und manchmal tauchen akustische Klänge auf. Auch gesanglich gibt es Unterschiede. Es wird geshouted, gesungen, es gibt ein Duett und auch das ganze Rudel kommt zu Wort. All das zeichnet das neue Album aus. Thematisch scheint es sich stets um Kriege und Schlachten zu drehen, aber besonders der „Ascheregen“ zeigt, dass es verschiedene Seiten und Formen des Krieges gibt. Krieg kann grausam sein, manchmal ist man Sieger, manchmal Verlierer. Krieg kann aber auch im Kopf und in der Seele stattfinden. Dies haben Varg in ihrem persönlichen Pagan-Viking-Metal, oder wie auch immer man ihren Stil betiteln möchte, wundervoll verarbeitet. Auch ein Bezug zu aktuellen Ereignissen, besonders durch die Rede Chaplins, wird hergestellt. Mir persönlich gefällt das Album sehr gut, obwohl ich normalerweise kein Fan von wildem Gitarren-Geschrabbel bin, den man hinter dem Begriff ‚Pagan-Metal‘ oft vermutet. Vielleicht gerade wegen des eher ‚sanfteren‘ Metalls, hat es mir gefallen. Durch den Wechsel zwischen laut und leise, schnell und langsam und den Thematiken, haben es Varg geschafft, mich zu begeistern. Für Fans der Band und des Genres ist es auf jeden Fall eine Empfehlung, doch auch für andere lohnt es sich, einmal hinein zu hören. Meine Favoriten sind auf jeden Fall „Streyfzug“, „Totentanz“ und „Ascheregen“. Bemerkenswert finde ich zudem, dass sich die englischen Versionen der Songs haargenau gleich anhören. Da haben Varg ganze Arbeit geleistet.
Wenn ihr das Album nun haben wollt, könnt ihr es im folgenden Link erwerben: Das Ende aller Lügen (-> hier)