Am Samstag den 10.11.2018 war es wieder so soweit, das Indoor-Festival Tanzt! im Backstage-Werk in München lud wieder alle Mittelalter-, Folk-Rock- und Metal-Fans zu sich ein. Wie immer ging es schon am Nachmittag mit den ersten Bands los, bis Mitternacht sollte das Event dann andauern. Zum Tanzen war wohl so ziemlich allen Besuchern zumute, denn man konnte dort einige neue Lieder von mehreren teilnehmenden Bands hören.
Ganz besonders freuten sich Brachmond darüber, dass sie bereits zum 2. Mal als Opener des Tanzt!-Festivals auf der Bühne stehen durften. 2016 war das noch mit ihrem ersten Silberling „Die Saat“ geschehen, nun konnten sie ihre zweite CD „Ascheregen“ präsentieren. Diese feierte am 19. Oktober dieses Jahres im Nerodrom in München ihre Release-Party. Somit durften man dieses quasi taufrisch – wenn man das von einem Aschregen behaupten darf – live hören. Durch die düsteren Klänge und das passend dazu dunkle Ambiente konnte man kaum glauben, dass man sich noch kurz zuvor im strahlenden Sonnenschein vor den Türen des Backstage befunden hatte. Brachmond verstanden es perfekt, einem auf eine Reise in die Dunkelheit und die Abgründe mitzunehmen, um dann mit dem Publikum gemeinsam aus dem Ascheregen, mit dem gleichnamigen Song, wieder aufzuerstehen. Selbst das Bühnenbild wurde wunderschön auf das neue Album abgestimmt, nämlich in Form von auferstandenen Drachen.
Von Dudelsäcken und anderen Kuriositäten
Um die Leute aus diesem auferstandenen Gefühl heraus abermals aufzubauen und auf die volle Größe wieder heranwachsen zu lassen, traten dann Koenix mit ihrer lebensfrohen und mitreißenden Art auf die Bühne. Hierbei kamen schöne Erinnerungen an die Show in Parsberg, wo die Gruppe ihr 10-jähriges Jubiläum feierte, zurück. Stolz präsentierten die Schweizer dann auch Ihren eigens hierfür kreierten Jubiläumssong. Wie gewohnt heizten Koenix dem Publikum mit Dudelsack- und Trommelklängen ein. So wurde zum Beispiel die Menge mit der Aufforderung zu „Hey!“-Rufen passend zum Takt der Trommeln angehalten, aktiv mitzumachen. Die Spielleute schafften es wie in ihrem Mitte August erschienenen Album „Dekade I“ dann auch eine gute Mischung aus neuen und alten Liedern zum Besten zu geben.
Nachdem die Helvetier die Menge mit ihren Klängen erfolgreich bezirzt hatten, ging es international weiter. Die Folk-Metaller Troll Bends Fir aus Sankt Petersburg sorgten weiterhin für grandiose Stimmung beim Tanzt!-Festival. Der Sänger entschuldigte sich zwar für sein schlechtes Deutsch und moderierte einige der Songs in einem astreinen, kuriosen Denglisch an, jedoch machte das Unterfangen die Band nur noch sympathischer. Feuchtfröhlich ging es dann mit den Titeln „Brothers in Drinks“ und „A Song about Beer“, wie Sänger Konstantin es so schön aus dem Russischen ins Englische übersetzte, weiter. Mit „Troll‘s Heart“ wurde dann ein etwas ruhigerer Ton angestimmt, bevor das Publikum mit einem „little Danke Munich“ zum Circle Pit angestiftet wurde. Aufgrund der leicht beengten Verhältnisse im Pit gestaltete sich dieser nicht sonderlich groß, aber dennoch ziemlich unterhaltsam. Zum Schluss sollten die Zuhörer bei „St. Patricks Day“ in den letzten fünf Sekunden noch einmal alles geben. Das taten sie dann auch und zum Glück gab es danach wieder eine halbe Stunde Umbaupause zur Erholung.
Wer mit auf eine Reise zur hohen See wollte, ohne aber dafür das Festland verlassen zu müssen, war beim nächsten Auftritt genau richtig. Bei Ye Banished Privateers wirkten die zehn Leute auf der Bühne schon allein durch ihre Anzahl und die Gewandung wie eine beeindruckende Piratencrew. Durch ihre Bühnenshow wurde man dann erst recht emotional mit in die Weiten und Untiefen der Ozeane gerissen. Da tauchte man ohne große Scham auch mal ein Bandmitglied mit dem Kopf in einen Wasserbottich, um zu zeigen, dass dieser auch wirklich ertränkt wurde. Beim Song „Yellow Jack“ schwenkte die Band dann auch wirklich die gelbe Pestfahne und ein Pirat ums andere fiel dann, im wahrsten Sinne des Wortes, der Pest zum Opfer. Dies wurde dann auch noch begeistert von einem weiteren Crew-Mitglied gefilmt. Die Schweden boten ein wahrhaftiges Schauspiel – jeder Piratenfan sollte sich diese Band einmal zu Gemüte führen.
Folk aus der Ferne und der Heimat
Im Anschluss daran folgten dann, mit einer kleinen Verspätung, die Mittelalter-Folk-Rocker von Folkstone aus Italien. Doch das hat sicher keiner der Formation aus Bergamo übelgenommen, denn schließlich sind die Deutschen für ihre überaus penible Pünktlichkeit bekannt und Südländer nehmen es bekanntermaßen damit nicht ganz so genau. Es gelang den Norditalienern eine intensive Show mit einer perfekten Mischung aus alten Songs wie „In Caduta Libera““ vom Album „Oltre… l’Abisso“ sowie „Anime Dannate“ vom Album „Damnati ad Metalla“ und jüngeren Titeln wie „Pelle Nera e Rum“ vom neuesten Album „Ossidiana“. Sie gaben alles und ließen ihr Italienisches Temperament voll und ganz auf die Zuhörer wirken und dieses in Ektase zum Singen und zum Tanzen zu bringen. Zum Schluss stimmte das Publikum dann selbst noch eines ihrer Lieder an.
Wer könnte wohl besser als Vorband von Schandmaul geeignet sein als Vroudenspil? Keiner! Genau deswegen hatten die Veranstalter auch nicht mit dem Altbewährten gebrochen und die Münchner Freibeuter als Anheizer vor dem Headliner auf die Bühne geschickt. Und weil sie in ihrer Heimat so gerne spielen, gaben die Freudenspieler als ersten Track doch gleich noch einen neuen Song namens „Kaleidoskop“ zum Besten, welcher live mitgefilmt wurde. Natürlich durften danach auch altbekannte Lieder wie „Kurs aufs Leben“ nicht fehlen. Nach der dritten Zugabe mit „Küss mich“ verließen die Isar-Piraten dann doch die Bühne. Was soll man dazu noch viel sagen, die Menge tobte, die Band gab ihr Bestes, das Festival war ein Erfolg auf ganzer Linie. Doch Halt, Vroudenspil sollten natürlich nicht die letzten Spielleute des festlichen Tages sein!
Groß war die Freude als schließlich um etwa 22:30 Uhr Schandmaul die Bühne betraten. Man war im Vorhinein bereits gespannt gewesen, denn für eingefleischte Fans ging bei der Vorankündigung zu „15 Jahre Hexenkessel“ schon das Herz auf. Nach einem langen Intro mit Akkordeon, für das sich die Mittelalter-Rocker extra Wolfgang von Vroudenspil ausgeliehen hatten, ging es dann mit altbekannten Titeln wie „Herren der Winde“ und „Narrenkönig“ weiter. Wie erwartet wurden nicht nur die Lieder der Live-CD „Hexenkessel“ gespielt, sondern auch die damaligen Bühnen-Outfits der Band wurden entstaubt. Zu „Waldmär“ durfte sich dann auch „Wolfi“ mit seiner Quetsche zu den Schandmäulern gesellen und richtig abfeiern. Schandmaul wären außerdem nicht Schandmaul, wenn sie nur in die Jahre gekommene Songs wie „Vogelfrei“ von sich gegeben hätten, nein, sie wichen vom ursprünglichen Programm vor 15 Jahren ab und gaben auch politische Lieder wie „Bunt und nicht braun“ zum Besten. Denn schließlich warb das Tanzt! selbst auch schon mit einem unübersehbaren Banner mit „Narren sind bunt und nicht braun“.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Verantwortlichen des Tanzt! mal wieder eine musikalisch sehr ausgewogene und runde Veranstaltung geplant und mit Erfolg durchgeführt haben. Außerdem war es immer wieder schön zu sehen, wie Menschen aus aller Welt, allein durch ihre Vorliebe in der Musik miteinander feiern können. Auch wenn das Festival dieses Mal nicht gänzlich ausverkauft war, so darf man sich getrost schon auf die nächste Ausgabe 2019 freuen.