Schmutzki. Ein kleiner Newcomer-Parasit? Nicht so richtig. Auch wenn die drei End-Zwanziger hinter der Kombo noch nicht auf eine lange Historie zurückblicken können (gegründet 2011), kommt der zunächst ausgebliebene Erfolg gerade wie auf Schwingen geflogen: erst supportete man die Beatsteaks, dann, Ende 2014, etwa zeitgleich mit ihrem ersten TV-Auftritt bei Joko & Klaas, gab es schließlich die erste EP „Mob“, welche den Jungspunden gleich ihren Plattenvertrag bei Sony/Four Music (u.a. Callejon, Casper, OK Kid) bescherte. Seitdem scheint für das Trio ein Traum Wahrheit geworden zu sein – genau das schwingt auch mit, wenn man sich die Bandbiografie auf der offiziellen Webseite durchliest. So heißt es sinngemäß: „Man ist 28, nimmt einen passablen Job als Konsequenz der Studienjahre an und ist kurz davor, ein produktives Zahnrad der Gesellschaft zu werden – und dann geht deine Punkband plötzlich durch die Decke des WG-Zimmers. Ein Plattenvertrag!“ In diesen Tagen, am Freitag, 05.06., erscheint auch das zugehörige Debüt mit dem geistreichen Titel „BÄM
“. Tja, und wenn man sich anschaut, wie die Band sich selbst und ihre Musik bewirbt, wundert man sich auch nicht mehr über den Bandnamen, der ja schon fordert, dass man fortan ein bissiges, schmutziges und zynisches Monster in der Punkszene jucken hat. Ob sich das Teil lohnt, erfahrt ihr hier.
Das kurzweilige Punkfeuerwerk beginnt mit der bereits vor einigen Monaten veröffentlichten Single „Meine Party“. Eine stimmige Fun-Einleitung, bei der gleich mal mit Textzeilen wie „Alle geilen Leute sind auf meiner Party“ die Feier-Attitüde der Schmutzkis fett unterstrichen wird. Auch das im Vorfeld mit einem Musikvideo beworbene Titelstück „BÄM“ reiht sich ein in die scharfkantige und mitreißende Art der Platte, hier etwas politischer: man zählt mal direkt alle Leutchen auf, die den Dreien so richtig auf den Sack gehen. „Positive Brutality“ gegen Nazis, Schwulenhasser und überhaupt jeden, der irgendwie zugeknöpft und intolerant ist. Auch etwas melancholischer können die Burschen vom Neckar: „Rodeo“ kommt als perfekter Abendabschluss-Song nach durchzechter Nacht daher, punktet im Besonderen mit der unabgeschlossenen Textpassage „Heut ist der beste Tag zum“ und lädt mit seiner erhebenden Art zum Schwelgen in Erinnerungen ein. Um den Kreis wieder zu schließen folgt darauf mit „Kunst der Verdrängung“ wieder ein Spitzbubensong par excellence mit eingängigem Refrain als Wohlfühl-Melodie für all diejenigen, die ihre Arbeit lieber vor sich hinschieben. #prokrastinationistgeil So bahnt sich „BÄM“ kurzweilig und cool seine Wege durch alle Stücke, die wie eine Sinuskurve mal schneller, mal langsamer verfeuert werden. Diese machen aber allesamt tierisch Spaß. Einzig das Ende des Albums verliert ein wenig diese Qualität: „Erinner‘ dich mal“ schmiegt sich schon ein wenig an „Tage wie diese/Altes Fieber“ der Toten Hosen an – eine kleine Hommage an diese und die rebellische Asi-Punk-Zeit der Jugend des Trios zeugt hier aber von weniger Kreativität. Am Ende schließt „BÄM“ mit dem kleinen Selbstbeweihräucherungs-Stück „Wir bleiben drauf“ – „Ende nächsten Jahres sind wir vielleicht schon out – ein altes T-Shirt auf deiner Haut“ heißt es da, und deklariert noch einmal, dass die Jungs unentwegt weitermachen werden, während sie sich nicht zu schade sind, ihre eigene Karriere ein wenig zu verreißen. Naja, wer’s mag.
Fazit: Schmutzkis Debüt strotzt vor spaßigen Texten, tanzbaren Rhythmen und thematisch obligatorischen Nonsens- wie Träumer-Hymnen. Nonsens ist womöglich zu hart – aber „BÄM“ ist vollgepackt mit Ironie, Jux und Satire. Vierzehn Songs in knappen 40 Minuten, die mal schlechte Laune vertreiben („Viel Spaß“), mal ein wenig aufstacheln („Piss gegen den Wind“), mal wieder etwas trauriger, dafür zeitgeistig daherkommen („Letzter in der Disko“). Insgesamt aber liegen diese ständig auf treibendem und eingängigem Niveau. Im Netz lässt sich lesen, Schmutzki bildeten das männliche Pendant zu Jennifer Rostock, was in ein paar Punkten wohl auch stimmen mag – gleichzeitig kritisieren manche Stimmen aber auch, die Band käme wie ein zusammengewürfelter Haufen dessen daher, was sich finanziell bewährt habe. Man muss kein Sherlock Holmes sein, um schnell zu erkennen, dass dieses Urteil nicht nur zu harsch, sondern auch unbegründet ist. Aufmüpfig, das sind sie, die Schmutzkis, ja. Aufgesetzt? Ganz und gar nicht! Natürlich erfindet die Band das Rad nicht neu – das ist angesichts der Punkhistorie aber auch schwierig und keine Notwendigkeit. Und wer jetzt anfängt, in den Stilmitteln und den Song-Refrains Anspielungen auf andere Bands zu entdecken (man durfte lesen, BÄM sei ein Fanta-4-„MfG“-Abklatsch), der übertreibt maßlos und schnüffelt wohl nur Cash Cow-Verschwörungen der Großlabels, anstatt sich mal für eine aufstrebende Punkband zu freuen, denen das Glück mal hold ist. Fans können sich jedenfalls auf die in diesen Tagen beginnende, groß angelegte Tour freuen, die die Stuttgarter in alle Ecken Deutschlands, Österreichs und der Schweiz führt. Zunächst im Vorprogramm der großen Bad Religion in Berlin, dann bei Rock am Ring und Rock im Park unter dem Motto „Mob im Park“ – eine treue Fanbase haben die Punkerherzen sich schon lange erspielt. Ein starker Einstand für die noch nicht so sehr bekannten Dreie, authentisch und gnadenlos spaßig. Der Schmutzki-Mob möge sich mobilisieren! „BÄM“ kommt genau wie erwartet und öffnet die Tore zu einer geilen Zukunft für die Band und ihre Fan-Mischpoke!