910rmwH+f+L._SL1500_Mit Saint Asonia tritt eine neue Hard Rock-Supergroup auf die Bildfläche, bei der einige namhafte Musiker beheimatet sind, die mit ihren früheren Bands zusammen 25 Top-10-Singles und läppische 17 Nummer-Eins-Hits in den USA auf dem Konto verzeichnen dürfen. Wer sich dahinter verbergen mag? Niemand Geringeres als Adam Gontier (ex-Three Days Grace) steht in gewohnt hoher Qualität mit verrauchter Kehle am Mikro, Mike Mushok (u.a. Staind, Newsted) greift munter in die Gitarrensaiten und das Schlagzeug bearbeitet Rich Beddoe (ex-Finger Eleven) – Bassist Corey Lowery (u.a. Dark New Day, Stereomud, Eye Empire) rundet das Ensemble ab. Mushok, dessen Alternative Rock/Nu Metal-Band Staind wieder mal „On Hold“ ist, gab an, mit Saint Asonia die kreative Schiene aufrechthalten zu wollen – also taten sich er und Gontier 2014 zusammen, um unter neuem Namen ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Das selbstbetitelte Debüt der kanadisch-amerikanischen Combo steht nun kurz bevor. Was dabei rumgekommen ist, erfahrt ihr hier.

Saint Asonia“ in seiner Gesamtheit wird ein Fingerkribbeln unter den Hard Rock-Jüngern hervorrufen, die lange auf diese VÖ geharrt haben. Verzerrter Gitarrensound, schmackhafte, harte Smasher-Passagen erwarten die Hörerschaft – doch nur vordergründig endlose Power kennzeichnet die Songs der Band. Vor allem Opener und erste Single-Auskopplung „Better Place“ gaukelt ein hohes Niveau vor, das leider im Folgenden nicht beibehalten wird. Nicht falsch verstehen: tiefe, coole Basslines bei „Blow Me Wide Open“, über allem schwebender Zorn, gemischt mit Frustration und Ängsten, sowie ohrwurmtaugliche Passagen mal beiseite – im übersättigten Rock-Markt kommen die Songs aber etwas massentauglich glattgebügelt rüber und wollen nicht so richtig zünden. Als Beispiel: „Fairy Tale“ kommt mit ein paar elektronischen Elementen ganz gut und hat einen eingängigen Refrain, der durchaus Potential für die nächste Single der Jungs hätte, fügt dem Wirken der vier Kreativbolzen aber keine richtige „Frische“ hinzu, weil der Song wie ein Hybrid aus Nickelback und den frühen Linkin Park wirkt, um ehrlich zu sein. Leider gehört auch „Let Me Live My Life“ in diese etwas bekannte Klangnische – man bekommt das Gefühl eingeimpft, dass der Song von irgendwoher recycelt wurde, aber man will nicht so richtig drauf kommen, von wo. Schwierig – schließlich ist der Song ja garantiert kein Cover-Stück, trotzdem wirken die Arrangements zu vertraut. Auch „King of Nothing“ wirkt da eher aufgesetzt – auch wenn der stille Anfang gefallen will, macht der Song den Eindruck am Seziertisch zusammengesetzt zu sein, und zwar in aller Eile, damit man Adam Gontier auch ja die lockere „pissed off“-Mentalität abnimmt.

Das ruhig-balladeske „Waste My Time“ oder „Dying Slowly“ kommen ganz im Gegensatz wieder interessanter daher: wie ein reißender Strom wird hier endlich das Nachmittags-Radio-Image mal für einige Minuten abgestreift, das F-Wort in den Mund genommen und etwas abseits dieser Schemata gebastelt. Auch gewinnt man schnell den Eindruck, dass der Textschreiber und Sänger mit dem Album erhebliche Einschnitte der vergangenen Jahre zu verarbeiten und mit irgendwem ein Hühnchen zu rupfen hatte: „I don’t owe you anything / And you don’t own me / I will not forget“ heißt es, oder „I wanted to try so hard but / She never wanted to see my face again“ – als Schelte gegen seine TDG-Ex-Kollegen und Aufarbeitung der Geschichte mit seiner frisch geschiedenen Ex-Frau? Diese Verlorenheit, in der Gontier sich befunden haben muss, verdeutlicht auch „Trying To Catch Up With The World“, das der Herr schon vor einigen Jahren in seinem Solo-Projekt geschrieben und veröffentlicht hatte, nun im „Saint Asonia“-Style. Mit dem weichen und träumerischen „Leavin Minnesota“ endet der reguläre Platten-Teil doch noch einmal auf einem gefühlsmäßigen Höhepunkt, der wirklich schön und treffend kommt. Mit den Bonustracks gibt es noch ein wenig mehr Songs, die sich im selben Bällebad wie die davor austoben, während die Akustikversion von „Fairy Tale“ und das schließende „Voice In Me“ noch einmal zu den besseren Stücken gehören.

Fazit: Schwere, mitunter aggressive Rock-Hymnen, eingängige Melodien und eine gefühlvoll-melancholische Note haben die erfahrenen Jungs hinter Saint Asonia hier zusammengepresst – und was unten herauskam sind Blut, Schweiß, eine Menge Tränen und darin verborgen ein paar ganz nette, und ein paar etwas farblose Songs. Das Album ist durchsetzt von emotionalen Ups and Downs und wirkt durchaus authentisch, auch wenn die Combo in dieser Besetzung hier gewiss keine bahnbrechenden Neuerungen mit sich bringt. Und genau hier liegt die Crux. Die kreativen Schaffer hinter der Platte müssen sich keinesfalls über das Endergebnis schämen, können aber leider auch nicht stolz sein auf das, was sie hier produziert haben, wenn man sich ihr bisheriges Schaffen anschaut – vor allem sollte die Platte für Adam Gontier eine Rückkehr zu gewohnter Energie von früher markieren, nachdem er 2013 als Sänger von Three Days Grace sein Amt niederlegte. Nicht umsonst sagte der Frontmann in einem Interview schon: „Mike und ich wussten genau, was wir wollten, wir hatten exakte Vorstellungen, welche Platte es sein sollte. Er ist ein so unglaublich guter Gitarrist, dass das Texten sehr leicht fiel.“ Das muss man tatsächlich betonen: alles fügt sich wie durch Zauberhand zusammen – heraus kommen bloß keine großen Extrema, aber radiotaugliche, solide und ehrliche Stücke mit Herzblut. Auch wenn böse Zungen behaupten, mit Saint Asonia hätten sich die vier Musiker eher ein Refugium für Ausgepowerte geschaffen. Ganz so polemisch muss man dann doch nicht werden.

Interesse geweckt? „Saint Asonia“ erschien bereits im Juli in den Staaten und kommt am kommenden Freitag, 23.10., auch via Sony Music / Columbia in Europa in die Läden – hier könnt ihr es erwerben: Saint Asonia

In der Zwischenzeit seht ihr hier das Musikvideo zu „Better Place“.