Ein Kaiserreich, das zahlreiche Herzogtümer vereint, mit anderen Königreichen im Streit und vor anderen großen Herausforderungen steht. Ein Dieb, eine Ordensschwester und die Tochter des Kaisers werden in eine Geschichte verwickelt, die größer ist als sie sich vorstellen können. Fremde fallen ins Land ein, Attentate auf den Adel finden statt und ganz am Rande kehrt eine Gefahr zurück: Die Wirker. In seinem neuen Roman, wagt sich Thomas Vaucher auf die Pfade der Phantasie. Hatte er zuvor historische Romane und Krimis geschrieben, taucht er mit „Das Lied der Macht – Die Rückkehr der Wirker“ tief in das Fantasy-Genre ein. Seine historischen Wurzeln sind jedoch weiterhin unverkennbar, da das gesamte Setting doch ziemlich mittelalterlich angehaucht wirkt. Der schweizer Autor, der auch am Keyboard bei der Heavy-Metal-Band Emerald spielt, beweist einmal mehr sein Können. Ziemlich schnell fesselt einen das Buch und zieht einen mit in eine Welt, die einem so vertraut und doch fremd vorkommt. Doch um was geht es eigentlich?
Die Figuren und Schauplätze
Im Fokus stehen der Dieb Arken, der Herzog Valor zu Dunkelberg, die Tochter des Kaisers Kendra und die Ordensschwester Rune. Zahlreiche andere Prota- und Antagonisten sowie Nebenfiguren tauchen auf, gehen wieder ab und spielen manches Mal eine größere Rolle als man zunächst glaubt. Viele Kapitel beginnen mit Schriften aus einer anderen Zeit, die auch optisch hervorgehoben werden. Mit der Zeit wird dem Leser klar, dass es sich um wichtige Rückblicke handelt – zu einer Zeit, in der Arken und die anderen noch nicht einmal gelebt haben.
Die ganze Geschichte spielt sich in den „bekannten Landen“ ab. Das vereinigte darische Reich wird umgeben von Ozeanen und weiteren Königreichen. Dass hinter den bekannten Landen noch mehr liegt, beweisen die Narsing, die das Land belagern und irgendwie ein wenig an Wikinger erinnern, die die britischen Inseln überfallen. Mit dem großen Unterschied, dass sie tatsächlich riesige Bestien im Schlepptau führen und jemanden, den es in den bekannten Landen seit Jahren nicht gegeben hat: einen Wirker.
Wirker sind im Kaiserreich verboten. Sie wissen, wie man das Lied der Macht spielt und damit Großes vollbringt. Großes, aber auch Schreckliches. Dass nun auf der Seite der Narsing eben genau so jemand steht, ist ein Frevel sondergleichen. Die Vergangenheit der Wirker lässt einen an die Hexenverfolgungen unserer frühen Neuzeit denken und reißt eine historische Wunde im Roman auf.
Die Story
Die Handlung des Romans ist unfassbar komplex, ohne dabei verwirrend oder langweilig zu wirken. Wie bei jedem großen Fantasy-Epos gibt es Passagen, die etwas schwergängiger sind, für das Verstehen des großen Ganzen aber wichtig erscheinen oder es vielleicht noch werden. Denn: „Das Lied der Macht – die Rückkehr der Wirker“ ist Band 1 einer Reihe. Der Auftakt zu etwas noch Größerem also. Beim Lesen verfolgt man die Geschichten der Hauptcharaktere, die sich kreuzen und auch wieder trennen. Es scheint allerdings so, als wäre alles irgendwie miteinander verwoben. Geprägt ist das Ganze von Gewalt. Ob aus der Glaubensrichtung des Greifenordens, von den feindlichen Narsing oder innerfamiliärer und politischer Machtspielchen, diese Welt, die Thomas da geschaffen hat ist brutal und das wird sprachlich auch nicht beschönigt. Sei es Arken, der auf der Straße lebt und durch einen zufälligen Diebstahl in unvorstellbare Dinge hineingezogen wird oder Rune, die in ihrem gefestigten Glauben an den Greifen erschüttert wird und durch Arken ihren Status verliert. Sei es Kendra, die um ihre Position im Kaisertum fürchten und einer familiären Katastrophe entkommen muss oder Valor zu Dunkelberg, der bis zum letzten Mann darum kämpft, das Land gegen die Narsing zu verteidigen, während es hinter seinem Rücken durch Intrigen schon längst zu zerfallen scheint.
Das Buch fesselt sehr schnell, man entwickelt Sympathien für einzelnen Charaktere, fiebert mit und durchlebt die ganze Palette an Gefühlen von Liebe bis Hass. Teilweise so intensiv, dass man die eine oder andere Wendung dem Autor kaum verzeihen kann – obwohl man durch Game of Thrones sowas eigentlich schon gewöhnt sein sollte.
Daher bleibt nur eins zu sagen: Wer auf Fantasy und eine mittelalterliche Welt steht, sollte in „Das Lied der Macht“ auf jeden Fall mal reinlesen! Die über 600 Seiten haben es in sich und am Ende kann man es kaum erwarten, dass es endlich weiter geht und die Geschichten von Arken, Kendra und Rune weitergeführt werden. Finden sie am Ende das Geheimnis der Wirker? Finden sie die Liebe oder wartet am Ende das pure Chaos? Wir werden es erfahren. In Teil 2…oder 3….die Chancen stehen gut, dass es schon bald mit Band zwei weiter geht, da Teil eins schon im letzten Sommer erschien. Doch für einen guten Fantasy-Roman ist es nie zu spät.