Kaum hatte man sich auf das M’era Luna Festival 2015 in Hildesheim gefreut, da war das grandiose schwarze Wochenende schon wieder vorbei. Rund 25.000 Besucher wurden vom 07.08.-09.08. am Hildesheimer Flugplatz erwartet, von denen natürlich nicht wenige die Fläche von 471.200 m², welche als Zelt- und Parkplätze bereitgestellt wurden, in Anspruch genommen haben. Dagegen kommt einem die zusätzliche Fläche von 32.000 m² Festivalgelände mit 2 Bühnen (Main Stage und Hangar Stage), der Hangar Disco, Gothic Fashion Town und diversen Verpflegungsmöglichkeiten fast schon wieder klein vor.
Mit 170 festen Toiletten, 302 mobilen Toiletten und 140 Duschen war auch für die sanitären Anlagen für Camper und Festivalbesucher gesorgt, sogar ein Supermarktzelt war vorhanden, um sich noch schnell mit dem Nötigsten zu versorgen und um das Anreisegepäck möglichst gering und leicht zu halten. Allerdings ließe es sich auch einwandfrei von den rund 25 Foodständen leben, welche sowohl auf dem Festivalgelände als auch dem Mittelaltermarkt zu finden waren. Am Freitagabend ließen es sich viele Besucher nicht nehmen, den Markt oder die Lesungen zu besuchen. Dies führte dazu, dass einiges Merchandise bereits Samstagvormittag ausverkauft war.
Von Gewitter und Sonnenbrand
Für die meisten Camper begann der Samstag des M’era Luna Festivals mit Donnergrollen und Platzregen, welcher aber zum Glück nur ein paar Minuten anhielt und der Vorfreude auf das fantastische Line Up keinen Abbruch tat.
Nach dem morgendlichen Gang zu den Duschen und Toiletten legten um Punkt 11 Uhr Elvellon auf der Hauptbühne einen großartigen Start hin und die Vergleiche zu Nightwish, welche Headliner am Sonntag waren, kommen nicht von ungefähr. Mit den letzten Klängen Elvellons startete dann Nachtgeschrei um 11:20 Uhr im Hangar. Mit mittelalterlich rockigen Klängen kamen hier die Festivalfrühaufsteher auf ihre Kosten. Wie das bei zwei oder mehreren Bühnen meistens ist, wurde es ab hier schwierig zwischen Hangar und Main Stage zu pendeln, wenn man alles von jeder Band mitbekommen wollte. Doch sowohl im Hangar als auch vor der Main Stage wurde dem Publikum ordentlich eingeheizt.
Versengold schafften es ohne Probleme den Rasen vor der Mainstage zu füllen und die Menschen zu ihren mittelalterlichen Klängen und gewitzten Texten tanzen zu lassen. Im Hangar gab es um 12:10 Uhr das Kontrastprogramm von Spielbann, welche einen spannenden Mix aus harten Gitarrenriffs und elektronisch-orchestrale Klängen präsentierten.
In der knallenden Mittagshitze gaben sich auf der Main Stage Coppelius die Ehre, welche sowohl durch ihre Instrumentalisierung als auch ihr außergewöhnliches Erscheinungsbild das Publikum rockig in eine steampunkige, viktorianische Welt entführten. Wem das zu seicht und verträumt war, der hatte im Hangar mit The Other auf jeden Fall das große Los gezogen. Die Horrorpunkband heizte seinem Publikum so gut ein, dass sogar Co-Headliner Rob Zombie sich zwischenzeitlich mal kurz blicken ließ, um einen Blick auf die Band zu werfen. Hart ging es dann aber auch auf der Hauptbühne weiter, die NDH-Band Ost+Front bestach durch harte Texte, die an Rammstein erinnern und ein skurriles äußeres, sowie eine abgedrehte Show in der Kunstblut natürlich nicht fehlen darf. Vergleichsweise ruhig ging es drinnen währenddessen mit der Futurepop Band Frozen Plasma weiter. Wer also lieber tanzte statt zu headbangen war hier besser aufgehoben.
Zum Tanzen und zum Rocken gab es allerdings mit Lord of the Lost anschließend auf der Main Stage ein Spektakel. Die Band um Sänger Chris „The Lord“ Harms lieferte eine vielseitige Show, bei der natürlich auch Publikumslieblinge wie der Song „La Bomba“ aus dem Album „From the Flame into the Fire“ aus dem Jahr 2014 nicht fehlen durften. Für Freunde der elektronischen Klänge bot die Synthie Pop Band Melotron, welche dieses Jahr ihr 20 jähriges Bestehen feiert, eine gute Alternative zu den harten Gitarrenriffs auf der Hauptbühne.
Weiterhin harte Gitarrenriffs gab es bei den Deathstars aus Schweden. Ein bisschen okkulter aber nicht weniger rockig heizten die Merciful Nuns zeitüberschneiden dem Hangar ein. Ein wenig ruhiger und wehmütiger dagegen wurde es im Anschluss auf der Main Stage mit L’âme Imortelle. Thomas Rainer und Sonja Kraushofer luden als Gesangsstimmen der Band zu melancholischem Elektro-Poprock ein. Elektronisch, hart, aber dennoch melancholisch ließen Asthetic Perfection und In Stric Confidence im Hangar den Boden beben, während auf der Mainstage wieder mittelalterliche Klänge angeschlagen wurden. Die Spielmänner von Saltatio Mortis gaben sich die Ehre und bewiesen wieder einmal mit Bravour, dass sie nicht nur auf Mittelaltermärkten ein Publikumsliebling sind, sondern auch das breite Festivalpublikum mit ihren Songs wie „Prometheus“ zum abrocken bringen. Die gespielten neuen Songs des „Zirkus Zeitgeist“, das am Freitag erscheint, hinterließen trotz schwülem Wetter Gänsehaut. Der klassische „Dark Pop“, wie Blutengel-Sänger Chris Pohl es nennt, gab es um 19:30 Uhr auf der Main Stage, der ein krasses Kontrastprogramm zu der fröhlichen Party zuvor bot. Bei Blutengel werden keine Klischees der Gothic-Szene gescheut. Mit ihren düsteren Texten über Liebe, Vampire und Vergänglichkeit spielten sich Blutengel auch auf dem M’era Luna Festival wieder in die Herzen ihrer Fans.
Eine kleine Änderung gab es um 20:30 Uhr allerdings im Hangar. Anstelle von Suicide Commando trat das Techno/Hardstyle Duo [x]-Rx auf und begeisterte ihr Publikum mit durchgängig harten, tanzbaren Songs. Weil Johan leider erkrankt war, hallten Tracks wie „Stage 2“ und „Mein Herz“ durch den Hangar und über das Feld davor, da alle Shows von innen über Leinwand und Boxen nach draußen übertragen wurden.
Einen größeren Kontrast zum Hangar konnte es um 21:00 Uhr als mit dem US-amerikanischen Rockmusiker Rob Zombie kaum geben. Mit seiner kratzigen Reibeisenstimme brachte er die Menge vor der Main Stage zum ausrasten. Ob Cover Songs von den Ramones und James Brown oder seinen eigenen Hits wie „Living Dead Girl“ und „Superbeast“ – sowohl Fans als auch Zombie-Neulinge kamen auf ihre Kosten. Mit wilden Lufttritten und einem Ausflug in den Bühnengraben wusste der 51-jährige Rocksänger genau welche Knöpfe er drücken muss, um das Publikum mitzureißen. Das letzte Konzert im Hangar gab am Samstag Philipp Boa and the Voodooclub. Mit extrentischem Avantgarde-Pop/Independent-Rock, der garantiert nicht jedermanns Sache ist, kamen Fans der Stilrichtung auf ihre Kosten. Ob zum Tanzen oder Träumen, Phillip Boa hat es geboten. Zum Träumen und Feiern hatte allerdings auch Headliner ASP auf der Main Stage um 22:45 Uhr jede Menge im Angebot und wie es sich für ein anständiges ASP Konzert gehört durfte natürlich auch die Feuershow nicht fehlen sowie die beliebten Songs „Krabat“ und „Ich will brennen“.
Neben dem erschlagenden, aber gelungenen Bühnenprogramm gab es tagsüber im Discohangar auch noch die ein oder andere Modenschau für Ästheten zu besuchen. Die Rund 89 Models präsentierten ausgefallene Modestücke von Latex bis klassisch, düsterem Gothiclook.
Wer dann auf den Geschmack gekommen war, befand sich glücklicherweise direkt an der Gothic Fashion Town. Dort gab es alles was das Gothic-Shoppingherz begehrt, von einschlägigen Marken wie Aderlass und Queen of Darkness, hin zu der Kultmarke Alchemy Gothic England. Hier wurde wirklich jeder Stil der schwarzen Szene bedient, seien es Outfits oder Accessoires. Ebenso gab es mehrere Piercingstände an denen man zu fairen Preisen neuen Körperschmuck oder die ein oder andere beim Camping verlorene Piercingkugel erwerben konnte. In der Gothic Fashion Town gab es in diesem Jahr sogar einen Tätowierer, der vor Ort Kunstwerke auf die Haut der Besucher zauberte.
Aber natürlich war auch um 0:00 Uhr die Party nicht vorbei. Wer nicht auf dem Zeltplatz seine eigene Party feierte, konnte noch einen gemütlichen Spaziergang über den Mittelaltermarkt machen (welcher ausführlicher im Sonntagsbericht behandelt wird) und den Tag mit einer grandiosen Feuershow der Gruppe PyroHex. Wer immer noch so vor Energie strotzte und noch ein wenig den Körper ausschütteln wollte, für den war die Hangardisco noch bis 4:30 Uhr geöffnet.
Impressionsfotos des Wochenendes gibt es bereits in unserer Galerie (-> hier).