Seit 25 Jahren sind Megaherz bereits musikalisch unterwegs und längst von den Bühnen dieser Welt nicht mehr wegzudenken. Auch wenn es über die Jahre einige Veränderungen in der Besetzung gegeben hat, zieht sich doch eine Konstante durch die Bandgeschichte. Sie gehören noch immer zu den ersten Vertretern der Neuen Deutschen Härte, obwohl auf ihrem letzten Album „Zombieland“ doch das eine oder andere Mal poppige Sequenzen zu hören waren. Die Zeit zwischen dem letzten Album und einer neuen Produktion wurde mit der EP „Erdwärts“ überbrückt, doch war es musiktechnisch in den vergangenen zwei Jahren doch etwas still um Megaherz geworden. Zwar erstürmten die Musiker regelmäßig deutsche und ausländische Bühnen mit ihren Konzerten oder Festivalauftritten, doch blieben sie ihren Fans neues Musikmaterial schuldig. Dies hat sich nun geändert. Am 23.02.2018 erschien via Napalm Records die neue Platte „Komet“ und lieferte 11 neue Tracks.

Das Album beginnt mit dem Intro „Vorhang auf“, das den Zuhörer auf der neuen Megaherz-CD willkommen heißt. Brachial und gewohnt rockig kommt das fast vier-minütige Intro daher. Es wirkt beinahe so, dass Megaherz zu ihrer gewohnten Härte zurückgefunden hat. Aggressivere Refrains wechseln sich mit eingängig, rockigen Parts während der Strophe ab und auch der Text bleibt schnell im Ohr hängen. Wurde man so also gebührend empfangen, wird man mit „Komet“ zurück in den Rock-Pop geworfen. Zwar dominieren eher die harten Gitarrenriffs, doch schleicht sich besonders in den Strophen ein poppiger Unterton ein. Auch der eher ruhige Gesang von Alexander Wohnhaas vermittelt eher ein sanfteres Feeling. Erst in der zweiten Hälfte vernimmt man eine gewohnte Härte, die auch zur Thematik des Songs passt. Wer mit ‚wir‘ gemeint ist, kann nur in Verbindung mit anderen Tracks des Albums beantwortet werden. Megaherz zeigen sich in diesem Album nämlich ungewohnt politisch und sozialkritisch und fungiert als heller Streif am Horizont, dem man folgen kann.
Das dritte Lied des Albums „Scherben bringen Glück“ erzählt von Verlust und Schmerz. Musikalisch wirkt der Track wie eine rockige Herzschmerz-Adaption von Staubkind und Co. Natürlich ist Alex‘ rauchige Stimme unvergleichlich und verleiht dem Song eine gewisse Brachialität, doch erscheint der Track besonders durch die oho-Einspieler und den eingängigen Rhythmen eher poppig. Man erhält das Gefühl, dass musikalisch an „Zombieland“ angeknüpft wird, obwohl es zu Beginn des Albums noch so wirkte, als orientierte sich eher an der Vergangenheit. Dass dies aber auch inhaltlich nicht der Fall ist, zeigt sich bei „Horrorclown“, das mit dem bekannten Ulbricht-Zitat „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“ beginnt. Eine direkte Überleitung durch Sirenen und harte Gitarren erweckt ein Bild von Krieg oder zumindest Aufbruch. Auch textlich ist Megaherz erstaunlich politisch und hält den Menschen den Spiegel vor. Untermalt wird der Song durch simple, aber harte und eingängige Gitarrenriffs, die besonders im Refrain den Gesang stark betonen. Die immer wiederkehrende Sirene, der verzerrte Gesang, als spreche man durch ein altes Mikrofon, und die weiteren eingespielten Zitate erwecken den Eindruck eines Propaganda-Songs. Hört man aber genauer hin, stellt man fest, dass genau dies nicht Intention des Liedes ist. Sondern genau das Gegenteil. Der Track soll aufrütteln und hinterfragt die Ängste und die First-World-Problems direkt und schamlos.

Weg von den politischen Themen und der Neuen Deutschen Härte führt einen dann der Song „Von oben“. Zum einen hatte das dazugehörige Video bei RTL2 Videopremiere und wurde zum Trailer für eine Serie, zum anderen ist dies der wohl ruhigste Track des Albums. Beinahe alleine steht Alex‘ Stimme im leeren Raum, wird sanft von leicht synthetischen Klängen und Drums begleitet und erzählt von einer unauflöslichen Trennung durch den Tod. Auf Grund des Themas und des wirklich ruhig-poppigen Sounds kann man hier schon von einer Ballade sprechen, die man so von Megaherz eher weniger gewohnt ist. Leider kommt man nicht darum herum, sich bei dem Lied zu fragen, ob Megaherz allmählich in die Pop-Richtung abdriften. Denn Themen von Trauer und Schmerz hat die Band bereits früher verarbeitet, hatte aber dennoch ihre gewohnt harte Gangart beibehalten. Von Mainstream-Pop kann aber gleich der nächste Song schon nichts mehr erzählen. „Tiefenrausch“ beginnt mit unheilvollen Synthie-Klängen, um dann brachial über den Hörer hereinzubrechen. In der Strophe tritt die Musik eher in den Hintergrund, wobei man leider sagen muss, dass Alex‘ Stimme eher eintönig wird. Der Text wird eher gesprochen als gesungen und hinterlässt einen fahlen Klang im Ohr. Anders verhält sich der Refrain, der sowohl stimmlich als auch musikalisch wieder übereinstimmt und zum Mitsingen einlädt. Sowohl Rhythmus als auch Text laden zum Singen und Tanzen ein. Die Strophen dazwischen machen das Gefühl aber leider schnell wieder zunichte. Ein Pluspunkt aber für diesen Song: Megaherz gewinnt die gewohnte Härte zurück.
Härte zeigt sich auch im Intro von „Schwarz oder weiß“, das mit eines der aggressivsten Lieder des Albums ist. In den Strophen rückt die Musik zwar erneut in den Hintergrund, allerdings kann sich hier Alex‘ Stimme besser entfalten. Auch die besonders brachialen Gitarrenriffs mit Alex rauem, teilweise geshoutetem Refrain machen diesen Song zu einem Diamanten auf dem Album. Thematisch erzählt der Song wieder von Gesellschaft und übt Kritik daran. Man muss sich entscheiden, auf welcher Seite man steht, denn nur eine Seite kann gewinnen. Wer aus diesem Trott ausbrechen will und kann bleibt fraglich. Ob es so einen Ausbruch überhaupt noch geben kann, wird mit „Heldengrab“ direkt hinterfragt. Musikalisch wirkt der Track eher wie Synthie-Pop, transportiert aber dafür um so eingängiger seine Botschaft, die nicht nur tanzbar ist, sondern auch zum Nachdenken anregt. In Zeiten, in denen nämlich alles nur schwarz oder weiß ist, Menschen wie die Lemminge einer Verdummungspropaganda hinterherrennen, brauchen wir Helden, die uns befreien. Oder zumindest Menschen, die für sich selbst einstehen und damit anderen ein Vorbild sein können.

Politisch wird es auch weiterhin bei „Nicht in meinem Namen“, das beinahe bedrohlich und mit harten Gitarrenriffs über den Hörer hereinbricht. Die Drums nehmen zum ersten Mal ordentlich Fahrt auf und die Gitarren jaulen im Hintergrund, während Alex davon singt, dass er von der Obrigkeit nicht repräsentiert wird. Ein weiterer Aufruf, für sich einzustehen, sich zu erheben und die Faust zu erheben. Begleitet wird der Song zwar mit harten Gitarren und in den Strophen baut sich eine Mauer aus Musik vor einem auf, aber im Refrain schleicht sich wieder ein poppiger Unterton ein. Das ruhige Interludium und das geschriene „Nein!“ wiederum verdeutlicht die Abwehrhaltung, die der Song vermitteln soll. Eine ähnliche Botschaft vernimmt man dann in dem Stück „Trau dich“, in dem die brachiale Note nochmal ein wenig angezogen wird. Ging es aber zuvor um Politik, Gesellschaft und Öffentlichkeit, geht es nun um die zwischenmenschliche Ebene und die Entscheidung, wen man zum Partner erwählt. Traut man sich, mit einem anderen Menschen ein Leben zu führen? Kann der Mann seine Rolle spielen und wird die emanzipierte Frau ihn in den Ruin führen? Das Spiel mit der Liebe scheint heute in der Wegwerfgesellschaft ein ernsteres Thema zu sein, als einem vielleicht bewusst ist. Verpackt wurde das Thema in angenehm harte Gitarren und perfekt inszenierte Synthesizer. Insgesamt erinnert der Song sehr an „Jagdzeit“ (2011) und leitet zum abschließenden Song „Nicht genug“ über. Der letzte Track eröffnet mit einer brutal-sanften Symbiose aus Gitarren und elektronischen Klängen. In genau diese Melodie wird später der Refrain ein. „Nicht genug“ erzählt genau von dem Ausgang einer Beziehung, die sich keiner wünscht. Dass nämlich die Liebe einfach nicht reicht, wenn der Rest in der Partnerschaft nicht stimmt.

Fazit: Megaherz zeigen sich mit „Komet“ facettenreich. Die Band ist durchaus wandelbar und beweist, dass sie zwar poppige Sounds einbauen können, aber ihrer ursprünglichen Musikrichtung treu bleiben. Einige Songs auf dem Album haben leider entweder musikalisch oder gesanglich etwas enttäuscht, aber konnten andere Titel diese Enttäuschung wieder ausgleichen. „Nicht genug“ und „Horrorclown“ werden daher auf Grund der Brachialität und der Thematik zu den Favoriten, während „Tiefenrausch“ und leider auch der Titeltrack „Komet“ nicht so richtig punkten können. „Von oben“ transportiert zwar eine grundsätzliche Stimmung und die Intention wird klar (Trauerverarbeitung), aber musikalisch will der Song nicht so recht zum Rest passen. Trotz der ‚Ausreißer‘ auf dem Album, zeigen sich Megaherz aber beständig und nun bleibt abzuwarten, wie sie die Tracks live inszenieren werden. Denn schon bei „Zombieland“ konnte man einen deutlichen Unterschied zwischen CD-Version und Live-Version hören.