Megaherz, bekannt als eine der Pionierläufer-Bands der Neuen Deutschen Härte, lassen es seit Herbst 2014 mit ihrem aktuellen Album „Zombieland“ richtig krachen. Verwegene und harte Riffs, tanzbare Party- wie auch melancholische Vibes und eine Horrorfilmatmosphäre zeichnen das Werk aus. Die Regenten im Reich der Untoten luden am 09.04. zum Tanz in bester Michael Jackson-Thriller-Manier in den Kulttempel Oberhausen ein. Und wer rechtzeitig zum doch sehr späten Einlass um 20 Uhr erschien, wurde bereits von einigen „Undead“-Models begrüßt, die an der Leine von den Schmink-Vans draußen auf dem Parkplatz in die Halle geführt wurden – auf welch einen makabren wie kongenialen Zirkus man sich an diesem Abend einließ, erfahrt ihr hier.
Im Vorprogramm wurde das Publikum zunächst von den Springinsfeld-Rockern von apRon begrüßt. Mit ihrer Varieté-haften Performance und ihrem augenzwinkernden Stil heizten die vier Jungs ordentlich ein und wussten sich mit tonnenweise Konfetti (das die Besucher gewiss noch am nächsten Tag in Haaren und Kleidung gefunden haben werden) und einer von aberwitzigen Klein-Einlagen schon fast überladenen Show durchaus gut zu präsentieren. Das Gag-Stakkato bestand unter anderem aus einem aufblasbaren Schwimmtier-Krokodil, das zum Song „Crocodile“ zum Crowdsurfen genutzt wurde (wobei es viel zu leer dafür war – ein Wunder, dass das gut ging), oder dicken Konfetti-geladenen Spielbällen, die vom Publikum durch die Halle geworfen und schließlich vom Band-eigenen Lakai mit einer Nadel zerstochen wurden. Das alles begleitet durch einige Schenkelklopferwitze und zur Untermalung der durchaus humorvollen und rasanten Metal-Songs, die mal in mitreißender Action und Shoutgesang überzeugten und wie geschaffen zum Tanzen und Pogen waren, mal in skurriler Punk-Verpackung und hoher Stimme zum Nonsens-„Tri Tra Trullala“ einluden. apRon passten optisch und klanglich eigentlich super ins Vorprogramm von Megaherz, die Gesamtperformance der Jungs rief allerdings irgendwie eher inselhafte Begeisterung im Saal hervor. Die traurige Zwei-Mann-Wall of Death gegen Ende zeugte davon. Und das trotz der Tatsache, dass eine kleine Fangruppe ambitioniert ein Schild mit „Wir sind nur für apRon da“ hochhielt. Man bewarb noch gebührlich das neue Werk „Der Punch“, von dem wohl die meisten Stücke gespielt wurden, bevor man die Bühne nach dem Ausflug in Jux und Tollerei für den Hauptact freigab.
Gleich als die Megaherzen nach kurzer Umbaupause auf die Bühne traten und mit dem Titeltrack des aktuellen Albums „Zombieland“ öffnete sich rechtsseitig der Bühne eine Backstage-Pforte und es strömte eine Horde aufwendig geschminkter und gestylter Zombies in den Saal. Diese schlichen durch die Hörerschaft der Band und auch über die Bühne, was der Performance einen erschreckend morbiden Touch verlieh und zusammen mit der exzellenten Lichtshow, zu der der selbst mit Clownschminke versehene Frontmann „Lex“ seinen Baseballschläger schwang, sehr atmosphärisch und cool als Intro kam. Witzigerweise wurde durch all das Kunstblut und die Einlagen der sich gegenseitig fressenden und auseinander reißenden Schausteller beim Zombiewalk die Setlist des Sängers unlesbar und verwandelte den Boden direkt vor der Bühne (von Restkonfetti der Vorband geflutet) zu einem Mischmasch aus klebrigen, roten Papierfetzen. Wer hier später putzen musste, tat einem jetzt schon Leid.
Die Show der Band war gespickt von überwiegend neuen Songs der letzten paar Albem, während man alte Klassiker vergeblich suchen durfte. Einzig mit Evergreens wie dem religionskritischen „Gott sein“, das auch gleich mit den Worten eingeleitet wurde, dass im Namen von so vielen Konfessionen „Scheiße, Angst und Terror“ verbreitet werden, und der obligatorischen Feier zum „5. März“ oder Stücken wie „Blender“ oder „Jordan“ vom „Kopfschuss“-Album zelebrierte die Band ihr früheres Werken als noch ein anderer Mann am Mikro stand. Nichtsdestotrotz rissen die neueren Megaherz-Lieder nicht minder mit: „Fauler Zauber“ als ebenso große Absage an den lieben Gott oder heftigere Stücke wie „Prellbock“ oder „Heuchler“ zeigten das in aller Deutlichkeit. Gerade bei Liedern wie „Roter Mond“ oder „Gegen den Wind“ sprang der Funke wohl am meisten auf die Konzertbesucher über, die mit ihrer treibenden Art und eingängigen Mitsing-Refrains einfach zu den stärksten vom neuen Album gehören, auch wenn sie nicht zwangsläufig völlig neu sind. Richtig unter die Haut ging wohl das Piano-begleitete Solo „Augenblick“, zu dem der Rest der Band die Bühne verließ. Als Zugabe lieferte die Truppe nach sechzehn Songs den lechzenden und immer noch nicht gesättigten Fans noch vier allzu gut bekannte Stücke, die den Angereisten noch einmal alles abverlangen sollten: mit der „Jagdzeit“ trieben die schwarzweißgeschminkten Anzugträger den letzten Tropfen Schweiß aus der Haut eines jeden im Saal, bevor Lex mit „Himmelsstürmer“ noch einmal eine Hymne auf das „Nicht Aufgeben“ zum Besten gab und seine Fans zu einer Einheit verschwor. Abgerundet wurde das Konzert mit dem melancholischen „Für immer“ und dem „Miststück“, zwei weiteren starken und bekannten Chansons, die nicht fehlen durften. Am Ende rückten auch noch einmal die Zombies der „Blood Gore Gang“ aus und füllten die Bühne, bevor die Band ihrer
Hörerschaft einen schönen Abend und eine gute Heimreise wünschte und Lex angab, dass man später noch am Merch-Stand zu Bier und Gesprächen bereit wäre.
Charmant wie die Wildecker Herzbuben, ein Bastard-Stil zwischen Rammstein und Oomph!: Mit dem charismatischen Frontmann Alex Wohnhaas (mit seinem Joker-Gesicht immer heimtückisch grinsend) im Epizentrum des metaphysischen Treibens klingt die Band -seit 2007 unter neuer, konstanter Besetzung, nachdem einige Gründungsmitglieder die Kombo verließen- wie der Inbegriff einer zur Rockmusik gewordenen Totenwache. So sensibel und intelligent wie seine Texte, so magisch und unheimlich sind auch die neuen Songs aus der Feder des Gesellen. Nun unter den Fittichen von Napalm Records steht den Fünfen schon lange nichts mehr im Wege. Der Abend im Kulttempel unterstrich noch einmal fett, dass Megaherz keineswegs im Schatten der Band des früheren Sängers Alex Wesselsky stehen und nach wie vor großartige Live-Shows präsentieren und starke Songs schmieden können.