Die Helden der Gosse Knasterbart haben zwischen diversen Festival-Besuchen und Mittelalter-Markt-Gigs ihre kostbare Zeit zusammengekratzt und begaben sich im November auf ihre ironisch betitelte „Massive World Tour“, bei der die Gossenpiraten ganze drei deutsche Städte besuchten – ein Ziel davon war der Wuppertaler Live Club Barmen. Am vergangenen Freitag, 18. November, trafen sich Band und Fans im kleinen Club, um ordentlich die Sau rauszulassen, und das wurde auch getan. Hier unser Konzertbericht für den Gig im Bergischen Land.
Ohne Vorband starteten die Jungs mit leichter Verspätung um kurz nach 8, um gemeinsam mit ihren Fans mal eine wesentlich längere Show zu präsentieren, als sie das sonst so auf ihren Festival-Visiten tun. Mit wunderschönen, schwarzen Asi-Trainingsanzügen und obligatorischem Wasted-Look betraten Hotze Knasterbart und seine abgeranzten Kumpanen die Bühne und begannen zunächst mal mit dem gleichnamigen Opener des neuen Albums „Superknasterbart“. Vor der Bühne ging dabei ordentlich die Post ab, man pogte, man tanzte, man sang lauthals mit. Über so einige neue Stücke wie die selbstironische Schelte gegen alle „ernsten“ Folk-Bands „Kein Erbarmen“ (Super, wenn man weiß, dass hinter der Band auch Versengold-Musiker stecken), „Mein Körper ist ein Tempel“ oder „Kleingeist auf großer Mission“ lieferte das Septett im Set ihrer Kurz-Tournee aber selbstredend auch einige Klassiker wie „Sauf mich schön!“, das „Gossenabitur“ oder die gekonnt-gewitzte, inzestuös anmutende Familien-Chronik „Mein Stammbaum ist ein Kreis“ samt „Hinterwäldler“-Tänzchen, welches nahtlos in ein stimmungsvolles Cover von „Cotton Eye Joe“ überging.
Während schon zu den ersten Reißern direkt vor der Bühne ein ziemliches Durcheinander in den Reihen herrschte (zum Leidwesen derjenigen, die sich dort befanden und nicht vorhatten, wild im Kreis zu springen), gab es leider auch ein paar Verletzte – Fummelfips kommentierte das Ganze daraufhin mit „Mensch, hebt die Leute doch auf! Machen wir auffe Bühne ja auch“, und rief damit gleicherzeit zu ein bisschen mehr Brüderlichkeit und Rücksicht auf und blieb dem Image des Trunkenbolds treu. Überhaupt servierte alle paar Songs das freundliche Thekenpersonal den Herren auf der Bühne ein Tablett mit Schnaps, was die Stimmung auf der Stage ebenfalls ausgelassener werden ließ. Etwas ruhiger wurde es mit dem Song über die Filzlaus Horst oder „Lieber widerlich, als wieder nich‘“ – und Knasterbart präsentierten auch Stücke aus der Zeit, als Hotze und Fips noch alleine ihre Auftritte bestritten. Während diesen gesellte sich die Band dann mit Sektgläsern (ironisch in dem Outfit) in die hinteren Reihen.
Überhaupt sind es gerade diese lustigen Gags und Einlagen, die einen Knasterbart-Gig so besonders machen: Wenn beispielsweise bei „Gossengirl“ ein aufblasbares Saxophon ausgepackt wird, oder es noch eine Trump-Schelte in Bezug auf die aktuellen Ereignisse in den USA gibt, wenn Hotze und Fips angeben, dass sie dem neuen Präsidenten den Slogan klauen und zu „Make Knasterbart Great Again“ umdichten wollen. Gründeten die Jungs ihre eigene Partei, so wollte sicher jeder im Saal direkt Unterstützer werden – und warum sollte nicht auch die Mittelalter- und Folk-Szene in Deutschland ihr eigenes APPD-Äquivalent bekommen, wie sie schon Die Kassierer-Sänger Wolfgang Wendland einst ins Leben rief? Als Zugabe gab es dann noch die Huldigung „Heiliger Hotze“ und den programmatischen „Alles Gute kommt von unten“ auf die Ohren, ehe der Abend endete, die Liebhaber des Bekloppten aber noch auf Gespräche und Fotos ein Weilchen zugegen waren. Außerdem griffen nicht wenige Besucher am Merch noch ihre eigene Kuschelfilzlaus Horst ab – ob die niedlichen Dinger alle in der Hose von Hotze Knasterbart gehaust haben? Unser Beileid!
Fazit: Etwas ruppig ging es im Publikum teilweise zu, dafür wurde gehörig gefeiert, was das Zeug hielt. Mit den Knasterbärten mal Scham und Anstand fallen zu lassen und das eine oder andere Bierchen und Metchen zu viel herunterzukippen, dafür war man aber ja auch angereist. Das Alter Ego von Versengold-Käpt’n Malte Hoyer heizte jedenfalls dem LCB-Publikum richtig ein und so wurde der Konzertfreitag zu einem schweißtreibenden, spaßigen Abend, der –hoffentlich dann mit mehr Terminen und auf etwas größerer Bühne- zügig nachgeholt wird. Schade um ein, zwei Songs, die nicht gespielt wurden, wie zum Beispiel „Ich trinke, also bin ich“ – dafür gab es diesmal in den zwei Konzertstunden Songs zu hören, die man bisher selten oder noch gar nicht von den Gossenjungs live bezeugen durfte. Wiederholungsbedarf beim nächsten Rausch!