588_Kamelot_CMYKFans der amerikanischen Melodic Metal Gruppierung Kamelot mussten lange auf ein neues Album warten. Seit „Silverthorn“ sind drei Jahre vergangen und etliche Konzerte wurden gespielt, auch in Deutschland machte man in der Zeit mehrmals Halt. Sehr zu Freuden der doch recht zahlreichen deutschen Fans, denen der Wechsel am Kamelot-Mikro nichts oder kaum etwas ausgemacht hat. Nun wird am 08. Mai via Napalm Records endlich das langersehnte Album „Haven“ erscheinen. Zum zweiten Mal nun also mit dem schon gar nicht mehr so neuen Sänger Tommy Karevik, der sich scheinbar bestens in die Band eingefunden hat, die bereits seit 1991 immer mal wieder fantastische Musik auf den Markt wirft. Wir haben hineingehört, es auf den ersten Blick für gut befunden und dann in die Tiefe geblickt. Was „Haven“ zu bieten hat, lest ihr im Folgenden:

Das neue Album beginnt mit „Fallen Star“, das gefühlvoll mit reinem Gesang und Piano beginnt. Nach einem kurzen stimmlichen Intro steigen weitere Instrumente ein. Die Komposition wirkt ziemlich Kamelot-typisch und reiht sich damit in die epische Folge von CDs. Zu dem zweiten Stück „Insomnia“ gibt es seit einigen Tagen ein Musikvideo, mit dem die Fans bereits frische „Haven“-Luft schnuppern konnten. Hört man den Song zum ersten zweiten oder dritten Mal erwartet man im Chorus jedes Mal aufs Neue die Zeilen aus „Sacrimony“ vom letzten Album, so ähnlich sind die Riffs im Interludium. Das nimmt dem Titel zu Beginn leider etwas den Charme, hört man das Album jedoch öfters, hört man doch den eigenständigen Song heraus. Hier und auch an anderen Stellen tauchen immer mal wieder Ähnlichkeiten zu verschiedenen vergangenen Alben auf. Man scheint also eine musikalische Brücke zwischen zwei Ären schlagen zu wollen und Altes mit Neuem zu verbinden. Dies gelingt besonders gut in Songs, wie „Veil of Elysium“ oder „End of Innocence“. Ich halte eine Scheibe in den Händen, die neu sein möchte, sich aber an alten Traditionen und Klangmustern festhält. Meiner Meinung nach nicht die schlechteste Art, ein Werk zu formen. Im Gegenteil: Man erwartet von Musikern stets neue Innovationen, neue Techniken und andere Themen, aber wo ist das Problem nach alten Mustern, die immer schon funktioniert haben, nach vorne zu preschen? Ich sehe da keines und genau das macht „Haven“ aus.KAMELOT photoshoot 2 c Tim Tronckoe 2014 (3)

Um sich mal den wirklich neuen Bereichen des Albums zuzuwenden, lohnen sich die Tracks „Under grey skies“ und „Revolution“. Zwei Songs, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Im ersten haben wir es mit einer Ballade zu tun, die mit cleanem Gesang durch Delain-Frontfrau Charlotte Wessels begleitet wird. Ein durch und durch gefühlvoller Titel, der einen zum Träumen und sogar Mitsingen verleitet. Der zweite Titel wird von eindrucksvollem Growling der Powerfrau Alyssa White-Gluz (Arch Enemy) verstärkt. Schon in den letzten Jahren hat Alyssa mit Kamelot eng zusammen gearbeitet, war mit auf Tour und hat mit Tommy im Duett gesungen. Auf „Haven“ wird ihr Talent sowohl zum Screamen als auch zum normalen Gesang besonders in diesem Song hervorgehoben. Hier wird ein härterer Trennstrich zwischen männlichem und weiblichem Gesang gezogen, als es noch bei „Under grey skies“ der Fall war, steht dem balladesken Duett aber in nichts nach. Insgesamt ist „Revolution“ aber, wie der Titel praktisch schon herausschreit, ein Titel, der einen zum abrocken animiert und besonders im Refrain an Härte und Schnelligkeit zunimmt.

Das Album weist insgesamt 13 neue Tracks auf, die wie gesagt manchmal auf den ersten Blick nicht ganz so neu erscheinen. Auf einer Bonus CD wird es Piano-, Instrumental- und Orchestral-Versionen geben, die dem ohnehin melodischen Metal noch mehr Ruhe verleihen. Auch wenn man die Ähnlichkeit zu vergangenen Alben als Argument gegen „Haven“ bringen könnte, finde ich den Longplayer dennoch sehr gelungen. Die Mischung aus Alt und Neu macht es einfach aus und über eventuell störende Gleichheit ist man schnell hinweg. Der Kamelot-Fan kommt hier voll auf seine Kosten und muss sich nicht daran stören, dass die Band ihrem Stil nicht treu bleibt, denn das tun sie auf ganzer Linie. Für mich persönlich ist „Haven“ ganz klar einer der Favoriten für das beste Album des Jahres und wird noch eine ganze Weile in meiner Playlist seinen festen Platz einnehmen. Würden wir hier die CDs durch ein Punktesystem bewerten, gäbe es volle Punktzahl von mir!