Am 10. Juni 2022 veröffentlichen die Schweizer Symphonic Metaller von Deep Sun ihr viertes Studioalbum. Wir haben die Gelegenheit genutzt, die Band mit Fragen zu «Dreamland – Behind the Shades» löchern. Zum Interview haben wir Sängerin Debora Lavagnolo, Bassist Angelo Salerno und Drummer Tobias Brutschi über Skype getroffen.
Vita Nigra: Hallo und herzlich willkommen. Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Gespräch genommen habt. Stellt euch doch als erstes Mal vor, gerade für Leute die euch weniger kennen. Was erwartet die Leute, wenn sie bei Deep Sun reinhören?
Debora: Deep Sun ist eine Female Fronted Symphonic Metal Band. Wir existieren so in dieser Konstellation mehr oder weniger seit 2009. Wir sind unseren Weg stetig vorangegangen und sind mit „Dreamland – Behind the Shades“ bei unserem vierten Studioalbum angekommen. Wir sind mittlerweile mehr denn je im Symphonic Metal drin. Wir haben uns in diese Richtung ausgerichtet, allerdings nicht bewusst. Wir sind nicht hingegangen und haben gesagt „das müssen wir jetzt machen“, sondern das Songwriting hat sich immer mehr in diese Richtung entwickelt. Wir haben zum ersten Mal mit dem Produzenten Frank Pitters von Silverlinemusic zusammengearbeitet – er ist eine Koryphäe im Produktionsbereich im Symphonic Metal. Jeder Produzent gibt ja einem Album auch seine eigene Handschrift und mit ihm das irgendwie ganz automatisch mehr in den Bereich Symphonic Metal, in dieses Epische, dieses Orchestrale gegangen. Wir haben die Lines von unserem Keyboarder Tom mehr noch ausarbeiten können. Das ist eigentlich das, was unser Publikum von uns erwarten kann. Musikalisch aber auch optisch sind wir im Symphonic Metal angekommen.
Wer Nightwish mag, wer Epica mag… natürlich kommen solche Vergleiche, aber dafür muss man sich auch nicht schämen. Schlussendlich gibt es die verschiedenen Genres und wir sind da mittlerweile auch voll mit dabei.
VN: Die letzten zwei Jahre waren auch für euch bestimmt nicht leicht. Wie konntet ihr euch eure Motivation erhalten und als Band weitermachen?
Tobias: Wir hatten ja sowieso eine schwierige Zeit. Wir hatten letztes Jahr, im Februar, einen Wechsel an der Gitarre. Das beschäftigte uns noch mehr als die ganze Pandemiegeschichte. Klar, es wurden sehr viele Konzerte abgesagt. Im Rückblick können wir sagen, wir waren fast schon froh, dass wir die Konzerte in dem Fall nicht spielen „mussten“. Wir hatten da ja wirklich ein personelles Problem. Das hat uns in der Band in den Grundfesten schon auch erschüttert. Es hat uns vier (inkl. Keyboarder Thomas Hiebaum, der beim Interview nicht dabei sein konnte) noch stärker zusammen geschweißt. Wir haben uns dann entschieden, auf die Suche nach einem Gitarristen zu gehen. Das war eigentlich die Geschichte, die uns beschäftigt hat im letzten Jahr.
Der neue an den Saiten
VN: Ihr wurdet dann mit Stefan Riner fündig. Wie passt er zu euch?
Angelo: Ich würde sagen, mit ihm haben wir ein cooles Bandmitglied gefunden. Er hat auch wesentlich dazu beigetragen, dass wir das neue Album jetzt aufnehmen konnten. Von meiner Seite – also saiteninstumentmäßig – haben wir viel Zeit miteinander verbracht. Das ganze Material aufzuarbeiten, ihn in das Deep Sun Gefüge – musikalisch – einzuführen, wie wir ticken, worauf wir Wert legen. Das war für ihn auch eine neue Welt. Wie Tobi schon gesagt hat, wir sind schon ziemlich lange zusammen. Für jemand der neu dazu stößt ist es auch nicht immer ganz einfach, den Einstieg zu finden. Aber das haben wir super hinbekommen. Und er hat einen super Job gemacht im Studio. Es hat viel Spaß gemacht, mit ihm das aufzunehmen.
VN: Dann freuen wir uns auf Lifeauftritte mit ihm.
Debora: Er durfte ja schon zwei mitmachen. Die Feuertaufe hat er bereits durch.
VN: Der wichtigste Auftritt steht ja bald an, die Release-Party zum neuen Album. Kommen wir direkt zu „Dreamland – Behind the Shades“. Das letzte Album war ja eher ein Konzeptalbum. Wie steht es mit dem neuen Silberling?
Debora: Ein wirkliches Konzeptalbum war es ja nicht. Auch „Race Against Time“ hatte so eine Art Oberthema. Das war bei „Erbe der Welt“ auch der Fall und auch bei „Dreamland“ gibt es ein Oberthema. Wir machen nicht per se Konzeptalben. Aber wir machen uns im Vorfeld Gedanken. Wir richten uns thematisch aus, für diejenigen, die das Thema in ihrem Songwriting aufgreifen wollen oder für mich für die Lyrics. Ein Konzeptalbum wäre für mich eine Story, die man A bis Z erzählt. Es ist bei uns daher einfach so dieses Oberthema.
Bei Dreamland ist das Oberthema diese Träume, diese Facetten. Nicht nur die Träume, die man schlafend hat. Das kann es auch sein. Es sind auch die Träume, die in einem drinnen sind. Es geht auch ein bisschen um Ziele, auch die gescheiterten. Es geht um in die Zukunft schauen, was einen bewegt. Eigentlich ist es ein sehr vielfältiges Thema. So ist es auch, wie man es von Deep Sun kennt, dass wir sehr facettenreich sind. Ich glaube, es kommt jeder auf seine Kosten, der diese Art Musik mag. Eine Vielseitigkeit, nach wie vor.
Wie ein Album entsteht
VN: Du hast Songwriting und Lyrics angesprochen. Wie läuft das bei euch?
Debora: Die Lyrics sind hauptsächlich von mir. Ich lasse mich auch immer sehr gerne von den Songdemos, die ich bekomme, inspirieren. Dann gehe ich zu Angelo, unserem Multiinstrumentalist, von dem sehr viele Songs kommen oder zu Tom, unserem Keyboarder, der ebenso sehr viel Songwriting macht. Es sind also sie beide, die das musikalisch aufbereiten und ich, die es lyrisch abrundet. Oder dann erarbeiten wir zusammen etwas. Dann gibt es einzelne Ästchen die ausschlagen, wie Tobias der mal einen Song im lyrischen schreibt, wie „Go for the Kill“ vom letzten Album oder ich, die einen Song am Klavier schreibt und mit der Idee in die Band geht. Aber eigentlich ist die Konstellation so, dass Angelo und Tom Songwriting machen und ich die Lyrics.
Tobias: Es ist bei uns auch so, dass Angelo und Tom eine Idee in die Band bringen, meist schon sehr strukturiert mit ihren Gedanken. Oftmals ist es so, dass wir am Ende einer Bandprobe Tom oder Angelo fragen „Ich habe da etwas geplant, was für einen Song wollen wir noch machen?“. Ich bin dann derjenige der sagt, möglichst schnell, möglichst straight. Angelo oder Tom sagen dann eher, lieber viele Tempowechsel, viele Taktwechsel. Wer am lautesten ist, setzt sich dann auch durch. (Alle lachen) Nein, es ergibt sich dann aus solchen Gesprächen. Die beiden komponieren dann so eine Songidee auf Cubase, einer Software. Spielen sie dort ein, wir hören dies dann als Band an. Dann diskutieren wir den Song und manchmal fangen wir den Song auch an zu spielen, um das Gefühl dafür zu bekommen. So entwickelt sich dann der Song, in dem alle ihren Part dazu beitragen, bis es am Ende ein Song ist, hinter dem alle stehen. Ganz interessant ist, in einer Vorproduktion sagen die Produzenten, bringt das Zeug einfach, wir wählen dann aus, was aufs Album kommt. Ich mag mich nicht erinnern, dass wir einmal einen Song komponiert hatten, bei dem wir das Gefühl hatten, der kommt nicht aufs Album. Wir waren eigentlich immer in der glücklichen Lage, dass wir von jedem Song so überzeugt waren, dass wir ihn unbedingt auf dem Album haben wollten.
VN: Vom neuen Album habt ihr mittlerweile zwei Videos veröffentlicht. Einmal „Living the Dream“ als Lyricvideo und dann „Dreammaster“, das so ins Epische, nightwishmäßig geht. Wie war der Dreh für euch?
Debora: Kalt!
Angelo: Ja, so war es. Kalt!
Debora: Aber megacool. Videodrehs sind für mich eh immer ein Happening, auch Shootings sind ein Happening. Da kann man sich auch künstlerisch nochmals auf eine andere Art und Weise ausdrücken. Man kann das was man in den Lyrics ausdrückt nochmals visuell umsetzen. Wir haben mit VDP zusammengearbeitet. Mit ihnen hatten wir vorher schon das Worshop-Video gedreht. Und es war cool. Es ist immer sehr cool, mit ihnen zu arbeiten. Wie lange hatten wir? Es waren schon 5 oder 6 Stunden. Wir durften in einer alten Lagerhalle drehen. Aber wenn man ein Album im Frühling veröffentlicht, wann dreht man die Videos?
VN: Wenn es kalt ist.
Angelo: Genau.
Debora: Genau. Und das hatten wir ja schon beim anderen Video. Aber dann nimmt man halt eine kleine Heizung mit und viel Tee. Ja, so war es.
VN: Du hast ja in den Videos immer relativ epische, große Kostüme an. Wie vermeidest du es, dich damit zu verletzen? 😉 (Debora lacht)
Debora: Zum Glück sind die Kostüme ja relativ ungefährlich. Darum ist das auch gar kein Problem. Ich lasse mich für die Kostüme vom Albumthema inspirieren. Ich arbeite mit einer Designerin aus Österreich zusammen, schon seit einigen Jahren. Seit dem Race-Album machen wir für jedes Album ein Albumoutfit. Es ist für sie auch immer total spannend, wenn ich zu ihr gehe und ihr sage, es geht auf ein neues Album zu – das und das ist das Thema. Dann arbeiten wir miteinander die Idee aus und es kommen die genialsten Sachen dabei raus. Ich bin immer völlig baff, was sie so zaubert.
Pre-Listening und Release-Party
VN: Am 14. Mai habt ihr ein Pre-Listening in eurem Proberaum veranstaltet. Was könnt ihr davon berichten?
Tobias: Die Leute, die sich angemeldet haben, haben zusammen mit uns das Album angehört. Wir haben dann bei jedem einzelnen Song kurz erzählt, was die Idee dahinter ist, was speziell ist.
Es sollte, wie es der Name sagt – so ein bisschen abgedroschen – ein Meet and Greet sein. Mit Getränken und Snacks, absolut ungezwungen.
VN: Eigentlich so eine bisschen Wohnzimmer-Party mäßig…
Tobias: Ja, genau.
VN: Am 21. Mai ist die Releaseshow in Grand Casino Baden, im Joy Club. Was erwartet die Fans da?
Angelo: 2 Stunden Deep, full stuff. Unlimited!
Tobias: Wir haben uns bei der Party lange überlegt, wie wir es aufbauen wollen. Wollen wir eine Vorband einladen? Vielleicht sogar zwei Vorbands und dafür kürzer spielen? Schlussendlich haben wir gesagt, nein es stimmt so für uns. Wir machen ein Fest, bei dem wir uns selber auch feiern können, zusammen mit den Leuten, die uns wichtig sind. Mit diesen Leuten auch Zeit verbringen und ihnen zeigen, was wir so machen. Das sind oft auch Leute, die diese Musik eher weniger hören und weniger in der Metalszene unterwegs sind. Wir wollten ihnen die Chance geben, die volle Ladung Deep Sun zu erleben. Wir wollen ihnen das, wovon wir häufig erzählen, dieses Hobby, dieses keine-Zeit-haben, mal etwas näher bringen.
VN: Vorbesteller des Albums dürfen kostenlos zur Releaseparty. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Tobias: Als Schweizer Metalband ist der Markt extrem schwierig. Eine Band hat relativ wenige Möglichkeiten „einen Pokal zu gewinnen“. Wenn wir eine CD rausbringen, ist das unser Werk. Ein Autor bringt sein Buch raus, ein Maler gibt sein Bild raus und wir geben halt eine CD raus. Ich bin absolut pro Spotify, absolut kein Problem damit, nur ist es halt ein bisschen schade. Das Herzblut steckt in der CD und im Booklet. Wir wollen das unter die Leute bringen. Heutzutage ist es effektiv so, niemand kauft eine CD. Wir wollen quasi einen Anreiz zum Kauf geben. Finanziell läuft es auf dasselbe raus, ob wir jetzt eine CD verkaufen oder einen Spotifystream machen. Wir werden nicht reicht damit, das wollen wir auch nicht. Darum haben wir gesagt, diese Releaseparty ist eine Party, die wir organisieren und wir wollen den Leuten etwas mitgeben. Darum haben wir gesagt, kommt zu uns, kauft eine CD. Damit tut ihr uns etwas Gutes, ihr habt gute Musik. Als Dank geben wir euch diesen Gratiseintritt und ein kleines Deep Sun Special Geschenk vor Ort. Das war so unsere Überlegung.
VN: Ich finde es eine coole Idee. Vielleicht macht es ja Schule.
Debora: Mal schauen, ob es eine gute Idee war. Das sehen wir dann im Nachhinein.
Angelo: Es hat auch den riesen Vorteil, du gibst den Leuten nicht nur Musik an dem Abend, sondern sie können sie mit nach Hause nehmen. Man hat etwas in der Hand, man kann die CD in den Player legen und nochmals hören. Man kann es nochmals Revue passieren lassen. Live ist es doch immer noch etwas anderes als wenn man es auf der CD hat, mit richtiger Studioqualitiät. Damit können wir halt nochmals ganzheitlich punkten.
Debora: Es ist ja auch das Artwork. Wir haben wieder mit Stefan Heilemann zusammengearbeitet. Er hat auch das ganze Thema im Booklet umgesetzt. Es ist stimmig, es ist ein kleines Gesamtkunstwerk. Darum freuen wir uns, wenn es die Leute zu Hause und es in die Hände nehmen und es sich genau ansehen. Es ist unser Herzblut drin.
Zur Releaseparty wollte ich noch sagen, die Fans erwartet dann auch noch ein Akkustikset. Wir haben unsere Powersongs in zwei Blöcken und in der Mitte gibt es einen kurzen Breakdown. Da gibt es ein Akkustikset. Das ist sicher auch noch ganz spannend.
Tobias: Vielleicht noch als Ergänzung: Symphonic Metal ist – zumindest für uns – die Art von Metal für die breite Masse. Wer Rock hört und sagt Heavy Metal ist mir zu hart, den kann man mit Symphonic Metal abholen. Wenn wir ihm quasi sagen, nimm die CD und komm ans Konzert, dann können wir ihn so ein bisschen abholen. Plötzlich findet er, die Songs sind ja eigentlich ganz gut, das ist noch cool zum dazu trainieren. Wir haben schon ganz viele Leute zum Heavy Metal gebracht, in dem wir sie quasi – ich will jetzt nicht sagen genötigt haben – die CD zu nehmen.
Debora: Wobei du schon sehr überzeugend bist mit deinen Argumenten.
Tobias: Ja, eigentlich ist es Nötigung. (Alle lachen).
Ein Blick in die Zukunft
VN: Was sind eure Pläne für 2022?
Angelo: Konzerte. Jede Menge Konzerte spielen. Das Zeugs an die Leute bringen. Wirklich einfach eine großartige Zeit miteinander haben und darauf hoffen, das Maximum aus den Rahmenbedingen zu holen. Wir gehen alle zu 100% arbeiten. Es ist für alle immer ein bisschen Spagat, auch beruflich und privat. Ich bin Schichtler. Von daher ist es immer ein bisschen eine Herausforderung. Aber im Grunde genommen ist es unser aller Ziel, so viele Konzerte zu spielen, wie es machbar ist. Vor allem wollen wir auf größeren Bühnen stehen, mit dem was wir machen. Wir wollen davon weg, in kleinen Clubs zu spielen. Es bringt einem als Band halt nicht wirklich viel weiter. Man braucht die breitere Masse, das Publikum. Das ist auch eines der Ziele, die wir verfolgen.
Tobias: Das haben wir auch geschafft. Wir hatten – mittlerweile ist es beinahe 3 Jahre – dass wir mit Bonfire geplant hatten, dass wir ein paar Support-Konzerte spielen. Das ist jetzt der dritte oder vierte Anlauf und wir sind zuversichtlich, dass es endlich klappt. Wir haben erst einen kleinen Prolog, am 28. Mai mit ihnen zusammen in der Musigburg. Im Herbst sind ein paar Konzerte in Resteuropa, Deutschland und allenfalls Tschechien, geplant. Das Problem ist halt einfach, die gesamte Konzertindustrie – alle Konzerte die in den letzten beiden Jahren ausfielen – das ist angestaut und es wird alles nachgezogen. Es ist relativ schwierig, an Konzerte zu kommen. Wir sind in einer extrem glücklichen Lage. Ich kann die Zahlen nicht auswendig, aber wir werden bis Ende des Jahres 12 oder 15 Konzerte spielen. Vermutlich haben relativ wenige Bands dieses Glück. Hinzu kommt, wenn man ein Album veröffentlicht, dann will man das unter die Leute bringen. Man sollte es auch unter die Leute bringen, in dem man Konzerte macht. Wie Angelo schon sagte, wir arbeiten alle Vollzeit. Für uns ist es nicht möglich, für zwei Monate auf Tour zu gehen. Daher haben wir uns entschieden, einzelne Konzerte, vielleicht auch 2 oder 3 Konzerte hintereinander zu geben. Das soll dann auch im nächsten Jahr der Fall sein. Und die Planung für 2023 läuft, du hast praktisch keine freie Minute mehr.
VN: Festivals sind natürlich auch ein großes Thema. Welches Festival wollt ihr unbedingt einmal spielen und warum?
Debora: WACKEN! (Alle lachen)
VN: Damit habe ich gerechnet.
Tobias: Das ist doch irgendwo im Norden Deutschlands, davon habe ich auch schon mal gehört.
Debora: Auf Wacken würde ich auch morgens um 10 Uhr spielen, einfach fürs Resümée.
Angelo: Ich würde auch sagen, es ist so das Metal-Walhalla.
Debora: Auf nach Walhalla!
Tobias: Dieses Jahr spielen wir ja in Mühlau am Mettlerfield. Fast vergleichbar. (grinst) Ich persönlich mag auch kleine Festivals, die mit viel Liebe und geilen Leuten organisiert sind. Bei Festivals ist es immer sehr schwierig an Auftritte zu kommen. Es gibt so viele coole Festivals in der Schweiz und in Deutschland. Und es ist schon unser Ziel, Festivals zu spielen. Wir durften schon einige Festivals spielen, aber ich glaube, es hat bisher an jedem geregnet. Es war noch kein sommerlich warmes Festival und das ist mein Ziel. Ich hoffe, das schaffen wir am 25. Juni diesen Jahres.
Angelo: Wir müssen einfach immer alle brav unsere Teller leer essen, dann gibt es schönes Wetter.
Schwelgen in Erinnerungen
VN: Welches ist bisher euer Lieblingsfestival oder -konzert und was macht es so besonders?
Debora: Es gibt viele tolle. Ich müsste zwei nennen. Das ist aber länger her, ich glaube 2013. Wir durften im Z7 spielen, anlässlich des Female Fronted Metal Festivals. Das war fast wie Wacken damals für uns, im Z7 spielen zu dürfen. Und dann, ich glaube es war 2008 oder 2009, als wir an einer Charity Rocknight spielen durften, für einen schwerbehinderten Jungen. Er hat uns schon mehrfach gesehen. Er war Paraplegiker und zu 100 % im Rollstuhl und konnte sich nur durch minime Gestiken ausdrücken. Seine Mutter sagte, immer wenn er uns gehört – mich gehört – hat, hat er Regungen gemacht. Sie hat mir erzählt, dass Mash – das darf ich jetzt fast nicht erzählen, aber es war so eine Herzensangelegenheit – Mash und „Ewigi Liebi“ sei sein absolutes Lieblingslied. Ich ging in die Band und sagte, Jungs, ich weiß, das tut euch weh, aber das müssen wir machen. Und wir haben „Ewigi Liebi“ gecovert. Die Mutter hat nachher gesagt, das habe ihrem Sohn so viel bedeutet. Das war darum mein emotionalstes Konzert. Wir spielten auf einer riesigen Bühne, viele Leute und von der Energie her war es wunderbar.
Angelo: Das war großartig ja, Das muss man so sagen.
Debora: Leider, ich habe nachher an seiner Beerdigung singen dürfen. Das war sehr begrenzt und seine Eltern sind dann auf mich zugekommen. Das war dann auch sehr emotional.
VN: Aber schön, dass du ihm diesen Moment schenken konntest.
Tobias: Auch ganz spannend fand ich die letzten beiden Konzerte in der Metbar. Zufälligerweise war das hintereinander. Einmal während der Pandemie, so in einer Zwischenphase, konnten wir ein Konzert spielen. Und jetzt das erste Konzert danach. Klingt so ein bisschen abgedroschen. Aber auch das war so mit Emotionen beladen. Wir konnten wieder auf die Bühne, waren als Band vollständig, die Metbar war voll. Die Atmosphäre war richtig cool. Während so einer CD-Produktion hast du 100 oder 200 Themen permanent im Kopf – zumindest ich. Und davon ist kein einziges Musik. Irgendwie muss man sich dann motivieren: Warum mache ich das? Wie behalte ich die Energie? Dann ist so ein Konzert eine richtige Wohltat. Man weiß dann wieder, deswegen mache ich das und deswegen lohnt es sich.
Übrigens, „Ewigi Liebi“ findest du auch auf Youtube.
Angelo: Ich kann das nur bestätigen, das waren die Konzerte, die richtig cool waren. Wir waren auch noch im Simmental. Coole Location, cooles Publikum, machte echt Spaß, dort zu spielen. Coole Atmosphäre und die Leute waren total aufgeschlossen. Und das merkt man auch. All die Konzerte, bei denen man merkt, man ist wohlgelitten. Das Publikum ist aufgeschlossen, macht mit und hat einfach Spaß. Das sind dann die Momente für mich, all die kleinen und großen Konzerte, die energetisieren. Das gibt den inneren Motivationsschub, jetzt erst recht. Wie Tobias schon sagte, in all dem Administrativen darf man nicht vergessen, warum man es macht. Es ist die Musik. Alles hängt miteinander zusammen.
Debora: Puzzleteile.
VN: Das große Ganze.
Alle: Ja, genau.
VN: Tobias, du bist Drummer und Manager der Band. Gibt es da manchmal Konflikte zwischen dem Musiker und dem Manager in dir? Wenn ja, wie löst du das?
Tobias: (Lacht) Es gibt mehr Konflikte zwischen Drummer und Band als zwischen Manager und Band. Nein, Quatsch. Deep Sun ist keine One-Man-Show. Ich verstehe mich nicht als Manager im eigentlichen Sinn. Ich entscheide nichts alleine, ich mache alles zum Wohle und in Absprache mit der Band. Das ist das Rezept von Deep Sun. Wir vier, also der Kern von Deep Sun, wir treffen alle Entscheidung. Ich bin in der glücklichen Lage, in den administrativen Sachen das Vertrauen der Band zu spüren. Ich habe da relativ viele Freiheiten. Für mich ist es wirklich so, ich mache es im Sinne der Band. Ich bespreche auch ganz viel mit der Band. Daher gibt es hier nicht wirklich einen Interessenskonflikt. Manager klingt einfach besser als Sekretärin.
Debora: Ja, Kaffee hast du uns noch nie gebracht.
Angelo: Aber man muss fair bleiben. Er bringt selbst gebrautes Bier. Das ist schon gut, so ab und an.
(Alle lachen)
Debora: Unsere Band ist auch mit Ämtern aufgesplittet. Wir haben unsere Stärken verteilt und jeder macht, was er am Besten kann. Tobias ist im Kopf extrem schnell. Er hat tausende Lösungen schon bereit für Probleme, die entstehen könnten. Warum also nicht ihn vor pfaden lassen, Troubleshooting, Vorhut, Koordination. Wir sind dankbar, dass jemand diese Position übernimmt. Jemand der mit Locations kommuniziert, jemand ist für den technischen Bereich. Jemand ist für die kreative Umsetzung. Es ist eine Aufteilung von allem und er hat diesen Posten.
Angelo: Das klappt wirklich sehr gut. Es bleibt alles paritätisch. Und das ist innerhalb eines Bandgefüges sehr wertvoll. Wir sagen immer, das Bandfamilygefüge. Wir sind nicht einfach nur Leute, die Zeit zusammen verbringen und etwas zusammen machen. Hier ist eine richtig starke Verbindung. Es ist wie ein Baum, der tiefe Wurzeln hat. Ich behaupte, das ist etwas Besonderes und das gibt es nicht so oft. Gerade in dem Kontext, seit wir als Deep Sun unterwegs sind, sind schon mindestens drei Bands auseinander gebrochen wegen interner Querelen. Bands, die super Musik gemacht haben. Bands mit denen wir an der Swiss Metal Alliance – die wir zusammen aus der Taufe gehoben haben – gespielt haben. Da standen wir mit großen Fragezeichen da, was könnte da schief gelaufen sein. Klar, man hinterfragt es nicht. Aber deswegen sind wir sehr kommunikativ unterwegs. Und das macht es halt aus, es ist wirklich wichtig.
Tobias: Bei einer Band so wie wir es sind, ist immer die Gefahr, es ist kein Unternehmen aber auch kein Hobby. Es ist ein Zwischending. Und das ist auch immer tricky. Wir hatten das vorher auch, wir machten Musik und alle 3 Monate einen Facebookpost. Aber das reicht einfach nicht. Das Musikbusiness ist in der heutigen schnelllebigen Zeit einfach viel komplexer. Es braucht einen sehr großen Aufwand. Wir mussten uns die Frage stellen, wollen wir das oder wollen wir das nicht. Wir entschieden uns, wir wollen das. Jetzt haben wir die Chance, das so zu machen und sind auf einem sehr guten Weg. Für uns war immer klar, wir wollen kein externes Management anstellen. Die sind nicht mit Herzblut dahinter, zumindest nicht bei allen Bands. Ich merke es selber. Ich bin täglich 2 Stunden nur für Deep Sun beschäftigt. Das ist eine Band. Die Zeit nehme ich mir und die kann ich mir auch nehmen. Eine externe Firma kann das nicht beziehungsweise wir könnten sie dann nicht mehr bezahlen.
VN: Ihr seid beim Label Massacre Records unter Vertrag. Wie läuft die Zusammenarbeit?
Tobias: Sehr gut. Sie sind für den CD-Vertrieb zuständig. Sie sorgen dafür, dass unsere CDs weltweit vertrieben werden. Das funktioniert, zumindest habe ich nichts anderes gehört. Es ist klar, für mich muss Deep Sun an erster Stelle kommen. Wenn du ein Label hast, das noch 60 andere Bands hast, ist es immer ein bisschen ein Kampf. Wir sagen, Deep Sun hat Priorität und sie haben noch andere Bands die Priorität haben. So ist man immer im Austausch. Gerade jetzt in dieser heißen Phase – in einem Monat wird die CD veröffentlicht – bin ich täglich im Kontakt mit dem Label. Man kennt sich langsam. Man diskutiert, man löst Probleme und spricht täglich miteinander. Grundsätzlich sind wir aber zufrieden.
VN: Das war es von unserer Seite mit den Fragen. Das Schlusswort überlasse ich euch. Was wollt ihr euren bestehenden und vor allem euren zukünftigen Fans noch sagen?
Debora: Als erstes ein großes Dankeschön, dass die bestehenden Fans immer noch bei uns sind. Allen zukünftigen Fans: Herzlich Willkommen bei Deep Sun.
Wir sind dankbar für den bisherigen Weg und dass wir immer noch da sein dürfen. Wir hoffen, dass das neue Album und die Musik von Deep Sun in der Symphonic Metal Welt, in der Metal Welt allgemein, gut ankommt und einen Platz findet. Natürlich hoffen wir auch, den einen oder die andere an den Konzerten wieder anzutreffen.
Angelo: Ja, definitiv. Auch, dass man sich nicht ganz von der digitalen Welt verführen lässt. Gehört alles zusammen, aber dass die Leute nicht ganz den Bezug zur physischen Welt verliert. Das heißt, Konzerte besuchen, CDs kaufen. Vielleicht gibt es in 10 oder 20 Jahren keine CDs mehr sondern einen anderen Medienträger. Der künstlerische Wert, der dahinter steckt und den Fans mitgibt, ist wichtig. Es ist mein Wunsch, dass die Fans mit offenen Augen und offenem Herzen das Ganze weiterverfolgen. Es ist wichtig, dass die Leute für Veränderungen offen bleiben. Wichtig ist der Support der Bands bei Live Acts. Live acting, davon lebt die Musikszene. Das wünsche ich mir und das wünsche ich all den Fans und allen die Musik im Herzen haben.
VN: VIelen Dank für eure Worte und für eure Zeit. Viel Spaß am 21. Mai.
Tobias: Bist du auch vor Ort?
VN: Ich plane dort zu sein, mit den Kameras.
Debora: Cool.
VN: Nochmals vielen Dank für das Gespräch und ich freu mich, mehr von euch zu sehen, vielleicht einmal auf Wacken.