Hörnerfest 2018
Das Hörnerfest 2018 lockte mit einem abwechslungsreichen Line-Up nach Brande-Hörnerkirchen. Der Juli wurde hoch im Norden, nur 40 km von Wacken entfernt, mit Bands wie Turisas, Letzte Instanz oder Mr. Hurley und die Pulveraffen eingeläutet, sodass noch heute das Dorf wackeln wird. Das Festival fand am 29. und 30. Juni 2018 statt und schon beim ersten Betreten des übersichtlichen und dennoch liebevoll arrangierten Festivalgeländes und des anliegenden Marktes merkte man direkt, dass das Hörnerfest ein etwas anderes Festival ist. Es war sehr familiär und man möchte fast sagen „entspannt“. Jedenfalls im Gegensatz zum riesigen Wacken, auf dem auch ähnliche Bands auftreten.
Tag 1 - Freitag, 29.06.2018
Vom Mittelaltermarkt zur Bühne
Von der geliebten Metschänke, über diverse Grillstände bis hin zum Töpfermeister und einem Schmied war alles gegeben, was der kritische Besucher sich von einem Mittelalter- und Metal-Event nur wünschen kann. Alles? Nein, wartet! Da stimmte etwas nicht. Denn mit 2 € für eine Pommes und 2,50 € für ein frisch gezapftes Bier bot das Festival auch Luxus für den kleinen Geldbeutel! Somit konnte man das kulinarische Angebot in vollen Zügen genießen, ohne danach in ein leeres Portemonnaie schauen zu müssen. Auch das sieht auf größeren Events ganz anders aus!
Während Draconisgena das Festival im Hintergrund mit ihrem jungen Folk-Metal beschallten, verinnerlichte man noch den ersten Eindruck des Geländes. Spätestens aber bei den Ye Banished Privateers war ein jeder aktiv dabei. Die schwedische Band mit ihrer großen Hop-on-hop-off Crew überraschte schon mit einem schier unendlich langem Bühnenaufbau, bei dem die Frage vieler Besucher „Wie sollen die denn alle auf die Bühne passen?“ aufkam. Mit einem imposanten Auftakt und dem ersten Stück „Cooper’s Rum“ beantworteten die schwedischen Piraten diese Frage eindrucksvoll. Wie man es von den Privateers gewohnt ist, musste kurz nach Beginn der Show gleich das erste Bandmitfglied dran glauben und wurde unter lautem Jubel des Publikums mit einer Zuckerglas Buddel niedergeschlagen. Die Band hatte das Publikum schnell in ihren Bann gezogen und ließ die Gäste nicht für einen Moment zur Ruhe kommen. Als dies Anwesenden jedoch bei „Annabell“ den Gesangspart übernahmen, konnte man die Privateers allesamt sprachlos und sichtlich glücklich erleben. Zuvor hatten bereits russische Bands wie Gjeldrune und Barayan die Musiker in ihren Bann gezogen, doch dass sich die Privateers größter Beliebtheit erfreuen, war merklich spürbar.
Nach einer kurzen Pause und dem ersten, sehr leckeren und gut gekühlten Kirschbier ging es auch schon weiter mit der russischen Metal-Kombo Welicoruss. Mit ihrem zwar wenig abwechslungsreichen, aber soliden und gut hörbaren Sound hatten sie die ersten Metalheads von der Schänke vor die Bühne gelockt, welche im Takte die Haare rotieren ließen. Nichts für jedermann, jedoch eine sehr gute Show mit einem sichtlich erfreuten Publikum.
Russisches Line-Up und finnische Headliner
Sehr erfrischend und eine wahre Augenweide war die nächste Band, welche die lange Reise ebenfalls aus Russland auf sich genommen hatte. Grai boten mit ihrem abwechslungsreichen Sound aus Pagan und Folk, ihrer sowohl schönen wie auch energiegeladenen Frontfrau und einem nahezu perfekten Mix aus mittelalterlichen Instrumenten und beißenden Gitarren eine grandiose Show, welche die Leute in Ihren Bann zog. Eine bis heute wohl für viele Menschen ungeklärte Frage bleibt: „Wo holt diese zierliche Frau die Luft her?!“
Schrill, Bunt und mit viel guter Laune ging es weiter mit einem aus der Szene der Gaukler und Musikanten kaum noch wegzudenkenden Act: Pampatut! Mit ihren ironisch lockeren Texten und ihrer offenen und herzlichen Art forderten sie das Publikum zu Tanz und Gesang auf. Der Klamauk war vielleicht nicht jedermanns Geschmack, doch konnten sie durchaus begeistern und den ein oder anderen Lacher ernten. Gleich darauf folgte wohl ein Highlight für diesen Tag. Die Letzte Instanz eroberten in gewohnt stürmischer Manier die Bühne
und gaben von der ersten Sekunde an alles. Hits wie „Stimmlein“ und das allseits bekannte Stück „Rapunzel“ rissen auch den letzten Festivalbesucher mit und die Band konnte über ihre gesamte Spiellänge begeistern. Nun folgte leider das was jedes Festival leider früher oder später einmal erwartet: Technische Probleme und eine daraus resultierende unendlich lange Umbauphase. Als Turisas aus Finnland dann endlich auf die Bühne kam, war die Luft irgendwie raus. Der geneigte Hörer von Melodic Metal hatte jedoch trotz der Verzögerung sicher seinen Spaß an einer sehr imposanten Lichtshow der 6 -köpfigen, mit Corpspaint bemalten Truppe. Leider war der Ton nicht so gut abgemischt.
Der erste Tag endete schließlich trotz vieler kräftezehrender Stunden mit einem Rückblick auf viele schöne Momente, die Lust auf den nächsten Tag machten.
Tag 2 - Samstag, 30.06.2018
Begeisterung in der Frühe
Wer es mit einem Eiskaffee und einem Bummel über den Mittelaltermarkt am zweiten Tag des Hörnerfestes 2018 ruhig angehen lassen wollte, stürzte zur Konzertbühne, als die Klänge eines Cellos herüberschallten. Wer kennt es nicht, dieses Gefühl, wenn man eine Band
noch nie vorher gehört hat und das erste Live-Konzert den „WOW“ Effekt auslöst? Genau das haben die jungen Hamburger von Incantatem geschafft. Modern, unterhaltsam, sympathisch und provozierend forderte die Band zum Tanz und machte auch noch den letzen müden Festivalbesucher munter. Mit Songs wie „Trink aus“ oder „Spring Püppchen“ nahmen sie das Publikum in die Pflicht und sorgten für einen Festivalbeginn, wie man ihn sich als Band und Besucher nur wünschen konnte.
Nach dieser grandiosen Show konnte man jedoch leider nur sagen „Alles Gute hat ein Ende“. Nach einer kurzen Umbaupause betraten Drakwald aus Frankreich die Bühne. Mit dem Versuch, den Klassiker „Die Halle des Bergkönigs“ neu zu interpretieren, begann eine Show aus Metal, Rock und weiteren Coverstücken, die den Originaltiteln leider nicht ansatzweise das Wasser reichen konnten. Als nächstes folgte jedoch glücklicherweise ein weiteres Highlight des Festivals. Ignis Fatauu betraten die Bühne und wer bis jetzt noch nicht angefangen hatte, zu tanzen, konnte spätestens jetzt nicht mehr still stehen. Mit Hits wie dem bekannten „Spiel des Lebens“ und Eigeninterpretationen von klassischen Gedichten wie „Mondnacht“ nahmen sie das Publikum im Handumdrehen für sich ein und konnten, selbst wenn sie es gewollt hätten, ihre gute Laune und Begeisterung nicht verbergen.
Spaß und Bitterkeit
Als nächstes war die Bühne voller Hasenscheisse. Bereits die „Waden eines Barden“ ließen das Publikum das Spaßprojekt geradezu frenetisch feiern und jeder Track wurde lauthals mitgesungen. Mit zu hohem Anspruch durfte man als Hasenscheisse-Neuling aber nicht an das Konzert gehen, da man sonst am Ende eher enttäuscht war. Den eingefleischten Fans tat der Laune der anderen Besucher keinen Abbruch und die Band feierte sich, das Festival und die Besucher bis zum letzen Ton.
Als nächstes folgten Spire und The Dolmen, die viele auf Grund des brütend heißen Wetters und einer Zwangspause nicht erleben konnten. Ja, das Wetter hatte an diesem Wochenende Temperaturen um die 30 Grad, pralle Sonne und keinen Schlamm zu bieten! Zurück zur Bühne kam daher so manch einer erst zu Der Münzer, der damit angepriesen wurde, ehemalige In Extremo Mitglieder in ihren Reihen zu haben. Wer nun dachte: „Das klingt interessant“, wartete gespannt auf die Band. Die Spannung verflog aber leider ziemlich schnell, als für klar wurde, dass die Gruppe um das ehemalige In Extremo Mitglied Thomas Mund auch fast ausschließlich alte In Ex Songs spielten und das leider teilweise recht schief. Sehr schade, aber das tat der allgemeinen Festivalstimmung keinen Abbruch. Vielleicht verschwand die Endtäuschung schlichtweg in der Bitterkeit des Bieres.
Im Anschluss folgte zudem ein Highlight des Tages, der sicherlich jede Enttäuschung verfliegen ließ. Die 4 tollkühnen Kanoniere der Lightning, Mr. Hurley und die Pulveraffen, warfen den Anker vor Brande-Hörnerkirchen und boten den Gästen eine grandiose Show. Zu diesem Zeitpunkt war das Publikum schon längst gedanklich ein Teil der Crew, welches gerne Songs wie „Ach Ja!“, „Tortuga“ oder dem wohl bekanntesten Hit „Blau wie das Meer“ lauthals mitsang. Aufblasbare Säbel, tanzende und springende Fans sowie ein Fass Rum – so lässt es sich doch auch fernab vom karibischen Osnabrück leben.
Als letze Band des Festivals traten Moonsorrow aus Finnland auf die Bühne, um dem Publikum noch einmal alles abzuverlangen. Allen Fans von hartem Metal schlug das Herz wohl ein Stück höher, als die ersten Gitarrenriffs den Zuschauerbereich durchdrangen und die Besucher konnten sich noch ein letztes Mal zu dröhnend lautem, undefinierbarem Geschrei mit Gitarrenlärm die Seele aus dem Leib bangen.
Fazit
Nachdem die letzten Töne von Moonsorrow verklungen waren, konnten es die Hörnerfest-Fans noch kaum glauben, dass das Hörnerfest 2018 bereits Geschichte sein sollte. Ein sehr abwechlungsreiches, familiäres und ruhiges Festival ging zu Ende. Es konnte mit einem grandiosen Line-Up aufwarten und Fans von Folk und Metal glücklich machen. Moderate Preise, ein umfangreiches Programm, sehr zuvorkommende und nette Besucher und ein kleines bisschen Urlaubsfeeling rundeten das Erlebnis ab. Alles in allem kann man die Reise zum Hörnerfest nicht bereuen und einem Wiedersehen in 2019 steht nichts im Weg.
Darüber hinaus bedanken wir uns bei Michael Meister, der uns für diesen Bericht freundlicherweise in paar Bilder zur Verfügung gestellt hat, da unser Haus- und Hof-Fotograf leider wegen einer Sehnenscheidenentzündung verhindert war. Danke, dass es so tolle Kollegen auf dieser Welt gibt!
Beitrag von Björn Miethe, Ersatz für Zouberi und Tiffy. Überarbeitung und Lektorat durch Jay.