Das zwölfte Hörnerfest in Brande-Hörnerkirchen fand am Wochenende vom 30. Juni bis 1. Juli statt. Wetterfeste Klamotten waren angebracht, denn neben der Hauptbühne schwang auch das Wetter um. Die Bühne schwang um? So in etwa. Am Gelände wurde im Frühling schon fleißig umgebaut, sodass die gute alte Scheune, respektive Main Stage, nun auch auf der hinteren Seite bespielbar war. Das führte nun dazu, dass sich auch beim Hörnerfest so einiges umdrehte. Der Eingang wanderte auf die andere Seite und lag somit praktischerweise nicht mehr direkt an der Durchfahrtsstraße. Dafür kam man nun direkt vom Mittelaltermarkt aufs Konzertgelände – sehr praktisch, bitte beibehalten!

Kommen wir nun zum Programm am Freitag. Eigentlich sollten Nine Treasures Freitagmittag das Festival gebührend einläuten, jedoch kam es zu einer sehr kurzfristigen Änderung an der Running ninetreasures_04_by_zouberi-dbhn38xOrder, wodurch zuerst The Moon and the Nightspirit die Ehre hatten. Das führte bei einigen Fans zu Verwirrung, man wurde aber bald durch die beruhigenden Klänge der Pagan-Folk-Truppe besänftigt. Es sprach sich auch ohne Ansage schnell herum, dass die Neun Schätze dennoch auftreten würden, nur eben einen Slot später. Das gab vielen Metalheads Mut und Motivation, noch schnell auf dem Markt Mittagessen zu gehen. Zumindest war es vor der Bühne noch nicht sonderlich voll. Günstig für die Marktbesucher war natürlich, dass man nun die Bands auch dort spielen hört. Die Black Magic Fools auf der Marktbühne fanden das allerdings nicht ganz so toll.

Nach dem träumerisch-düsterromantischen Spiel von TMNS konnten nun endlich die sehnlich erwarteten Chinesen von Nine Treasures auftreten. Südöstliche Folklore trifft Heavy-Metal – das Ergebnis kann sich sehen und vor allem hören lassen. Eine einzigartige Klangmischung lieferten die Neun Schätze, die eigentlich bloß zu fünft auftraten. Auch die Fans erwachten nun langsam aus der TMNS-Trance und der Pit begann sich langsam zu füllen. Weiter ging es ebenfalls mit Künstlern aus dem Süden, allerdings vom anderen Ende des Doppelkontinents. Drakum kommen aus Barcelona in Spanien und lösten Nine Treasures erfolgreich ab. Die Katalonier passten perfekt ins Programm. Stieg man zu Beginn des Konzerttages ruhig und folkig ein, so ward nun der erste Kreis mit der Folk-/Death-Metal-Mischung von Drakum geschlossen. Im Gegensatz zur eher bescheidenen bis ehrfürchtigen Bühnenshow ihrer chinesischen Kollegen gaben sich die Spanier motiviert bis sportlich in ihrer im Vergleich fast schon hektischen Performance.

Der Cut im Programm waren nicht nur musikalisch die Damen und Herren von Off Limits, sondern auch stimmungs- und outfittechnisch. Da wurde der Bühnennebel zu Dampf und die Brillenfassungen durch Zahnrädchen ersetzt; wahrhaftig, die Folk-Endzeit nahte! Dass Steampunk nicht nur ein offlimits_04_by_zouberi-dbhr3qmmodernes Wort für Folk-Rock ist, bewiesen die Oldenburger durch ihre bunte Musikmischung sowie ihre einmalige Show. Hat da jemand irrwitzig gesagt? Das Witzereißen hatte die Band doch schon beim Soundcheck erledigt! Spaß beiseite; die neue und sehnlichst von den Fans erwartete CD soll Anfang 2018 endlich erscheinen. Einen Vorgeschmack darauf gab es bereits unter anderem mit dem neuen Song „16 Tonnen“. Doch wie kam eigentlich der Bassist von Vogelfrey mit auf die Bühne? Und seit wann spielt Christopher noch dazu Gitarre? Diese quälenden Fragen kann man wahrscheinlich nur beantworten, wenn man den ganzen Auftritt live gesehen hat.

Nach dem Schauspiel ist vor dem Schauspiel. Also kamen wir mit Troll Bends Fir wieder zurück in exotische Gefilde, genauer gesagt nach Russland. Aus der heimlichen Hauptstadt St. Petersburg kommen nämlich jene Russen, die dem Publikum mit ihrem humppa-esken Folkrock ohne Umschweife so richtig einheizten. Wie das klingt? Stellt euch einfach vor, Russkaja wären eine Mittelalter-Band. Mit lauteren Gitarren. Dazu gab es noch etwas Gesangstraining mit Frontmann Konstantin „Troll“ Rumyantsev – und das vollkommen kostenlos. Das viel besungene Bier musste allerdings erst an der Theke bezahlt und geholt werden.

„Und wenn wir schon eine Tin-Whistle-Gruppe dabeihaben, dann hängen wir doch gleich noch die zweite hinten dran!“, könnte sich der Veranstalter gedacht haben, denn weiter im Programm ging es mit niemand geringerem als Mr. Irish Bastard. Die Bastarde sind zwar formell Deutsche, geben sich auf der Bühne aber sehr irisch. Den Sound der Band kann man sich irgendwo zwischen The Pogues und den Sex Pistols vorstellen. Ähnlich partylastig war auch deren auftritt, der endlich einen richtigen Moshpit heraufbeschwor. Höhepunkte dabei waren „I Hope They Sell Beer In Hell“ und natürlich der Fetenhit „You Spin Me Round (Like A Record)“.

Mit leichter Verspätung (kein Wunder, bei der Party!) traten nun Skálmöld munter ans Werk. Die Isländer machten natürlich das, was sie am besten können – schönen, harten Viking-Metal. Die schweren und starken Gitarrenriffs wurden mit Begeisterung aufgenommen, nun war es wieder Zeit zu headbangen, gefolkt hatte man erst einmal genug. Weiterbangen oder einfach tanzen konnte man im Anschluss auch bei Tanzwut recht gut. Auch wenn die Berliner sich nicht von ihrer allerbesten Seite zeigten – der Auftritt auf dem Feuertanz Festival in der Woche davor war deutlich mitreißender – so knasterbart_09_by_zouberi-dbic83dkonnte man durchaus auch dem Dudelsack-Electro-Rock etwas abgewinnen. Schieben wir die etwas magere Stimmung einfach auf das durchgehend regnerische Wetter. Der Teufel war auf jeden Fall nicht schuld, der hatte seinen Spaß.

Schlussendlich ging auch im Norden irgendwann einmal die Sonne unter und der Headliner stand auf der Bühne. Satte 40 Minuten zu spät, aber was will man bei dieser versoffenen Bande denn erwarten? Trotz Gestank und Alkoholproblem lieferten Knasterbart schließlich die Show des Tages. Hotze persönlich verging sich am Kunststoff-Saxophon während Fummelfips sich im Stage-Diving übte. Und dann knasterten sie tatsächlich so fröhlich und laut, dass man beinahe vergaß, wie es einem immer noch auf die müden Schultern regnete. Doch die Antihelden aus der Gosse legten noch zwei Zugabe-Songs oben drauf, bevor man sich erschöpft aber glücklich ins Zelt legen oder eben wieder an den Tresen begeben durfte.