ASP-10Vergangenen Freitag und Samstag fand zum dreizehnten Mal das Feuertal-Festival im Wuppertaler Talkessel auf der Waldbühne Hardt statt. Zehn Bands präsentierten sich hier und schenkten den Tanz- & Feierwütigen Fans in NRW ein unvergesslich schönes und familiär-kuscheliges Festivalm. Moderator Eric Fish, seines Zeichens Frontmann von Subway to Sally, die Samstag als Headliner auftraten, geleitete am Freitag von Act zu Act – diesen Posten überließ er am Samstag dann seinem Kollegen ASP, der wiederum am Freitag als Haupt-Act auftreten sollte. Das kleine Festival mit ausverkauften Zahlen von 2500 Besuchern entpuppte sich mal wieder als Szene-Juwel und lauschiges Event, das mit hochwertiger Musik aufwartete – wir ziehen die Bilanz.

Delva-7Während gegen 14 Uhr der „Showmaster“ höchst selbst auf die Bühne trat und das Feuertal -entgegen der Erfahrungen der letzten Jahre mal nicht im Regen, sondern bei sengender Mittagshitze- offiziell eröffnete (natürlich mit einem halb mitgesungenen Playback der Band-eigenen Hymne zum Festival, welche zum unschlagbaren Preis von 1€ auch am Merch-Stand erstanden werden konnte), sammelten sich die meisten noch in den hinteren/oberen Rängen, da der Talkessel noch Schatten spendete, um von dort aus die Opener Delva zu begutachten. Die junge Band aus Bayerns Hauptstadt München überzeugte mit akustischen, deutschsprachigen Folk-Songs von eher ruhig-bedächtigem, melancholischem Naturell. Besonders blieben da die Stücke „Der Rabe“ und „Im Nebel“ mit ihrem Gothic-Anstrich im Gedächtnis – und wenn es auch eher gemächlich mit dem Festival losging, nahm das Publikum schon jetzt die Stimmung gut auf und spendierte dem Trio um Sängerin und Pianistin Johanna Krins viel Beifall.

Spielbann, einem breiteren Publikum dank zweier Touren zu den „Astoria“-Alben gemeinsam mit ASP aus dem Vorprogramm bekannt, legten als nächste los – und man muss sagen, dass die Fanbase der Gothic Rock-Band um Nic Frost und Seb Storm erheblich gewachsen zu sein scheint. Nicht nur steht auch bald die erste Headliner-Tour der Band an, die stets wirkt, als habe ASP sie selbst aus dem Nichts hergezaubert oder gleich aus dem Stein gehauen (was sich leider auch manchmal stilistisch und in den Songs widerspiegelt), das Quintett hat auch innerhalb von zwei Jahren mit „In Gedenken“ und der „Wiedergänger“-EP zwei erfolgreiche Platten veröffentlicht. „Auferstehung“ und „Monster, Monster“ stimmen gut auf die Spielbann-Atmosphäre ein, bestimmt durch den Zwiegesang der rauen Vocals von Seb und den beinahe sakralen Tönen von Nic. Sehr Metal-lastig geht es auch ab und an zu, zum Beispiel beim Smasher „Feuerteufel“. Die Band hat noch einiges auf Lager, hat nun nach dem Festival-Sommer und den Touren aber erstmal ihr Image als ASP-Zöglinge & -Abkömmlinge abzuschütteln.

Unzucht-10Unzucht heizten dem Feuertal mit gewohnter Härte ein – Songs vom nahenden Album „Neuntöter“ sind da keine Überraschung gewesen. Mit dem äußerst rasanten „Kettenhund“ schlugen Daniel Schulz und sein Dark Rock-Ensemble richtig in die Vollen, während aber natürlich mit „Unendlich“ und „Deine Zeit läuft ab“ einige Evergreens der szene-beliebten Band nicht fehlen durften. Beim Crowdsurfen musste der Frontmann sich diesmal eingestehen, dass die Location (amphitheater-artig zur Bühne hin abfallend) nur eine kurze Reise erlaubte, was aber rein gar nichts machte. Die Jungs hatten zwar das Pech, zur heißesten Tageszeit zu spielen, das hielt aber die Die Hard-Fans nicht davon ab, sich mitten in die Sonne zu stellen und ausgelassen zu tanzen, zu feiern und mitzusingen. Eric Fish mischte sich zwischendurch -vermutlich ohne, dass Schulz davon wusste- aus dem Backstage-Bereich als zweite Stimme ein – das konnte man nun lustig finden oder aufdringlich, in jedem Fall ein nettes Gimmick. Überhaupt wirkte es so, als ob Eric Fish sich das Feuertal-Festival als Moderator etwas zu Eigen machen wollte – in seinen Ansagen zwischendurch spielte er Stücke von seinem neuen Solo-Album, „battlete“ sich mit ASP ein wenig um die Zuhörerschaft (man denke nur an den ASP-„Ayooo“-VS. Subway to Sally-„Der Schrei!“-Moment, den ASP klar für sich entscheiden konnte) und zog auch den Ablauf ein klein wenig in die Länge, abweichend vom Zeitplan der Running Order. Unzuchts Zugabe in Form von „Engel der Vernichtung“ verlangte dem Feuertal jedenfalls noch einmal alles ab, bevor die Band die Bühne verließ und nochmals auf die nahende Tour und das neue Album hinwies.

Faun-4Bei Faun hatte das Publikum noch einmal Gelegenheit, etwas herunterzukommen. Viele tanzten zu den beruhigenden Klängen der Band auf der Stelle und auch die Musiker und Musikerinnen standen etwas statisch auf der Stage, dafür präsentierten sie zauberhafte Klänge, unter anderem auch von ihrem neuen Album „Midgard“, welches Sänger SaTyr mehrfach unverfänglich in die Höhe hielt und ein Raunen aus der Menge einforderte. Besonders stachen hierbei „Alba II“ mit dem eindringlich-meditativen „Lauf nicht davon“-Refrain und das bereits als Musikvideo veröffentlichte „Federkleid“ heraus – selbstredend durfte aber auch nicht die „Walpurgisnacht“ fehlen, zu der man das Publikum mit dem „Eiyoo“-Chor einschwor (die Männer gewannen hier das Geschlechterduell haushoch, sorry, Fiona!) und der Frontmann erzählte, dass dies der perfekte Song sei, wenn man sich mal wieder nackt mit der ganzen Familie zum Tanzritual versammelte. Naturverbundenheit und friedvolle Musik stehen bei Faun an oberster Stelle – für viele beinahe zu gefühlvoll und zu „mainstreamig“ geworden lockte die Band viele Mittelalter-Verliebte zur Bühne, trieb aber auch ein paar wieder ins Bockshorn, die zwischen den düsteren Metal-Vorschlaghämmern von Unzucht und den schnellen Novel Rock-Nummern von ASP keine Atempause benötigten. Mit „Blaue Stunde“ und „Wenn wir uns wiedersehen“, sowie ein paar Instrumental-Songs schlossen Faun ihre trancehafte Eskapade mit mythischen Klängen und toller Liveshow nebst atmosphärischen Bühnenaufbauten aber gegen 19:30.

Zwischen den Acts der Hauptbühne am Steilhang konnten die Besucher sich der Klänge der englischen Musiker Glyn Edmonds und Christoph Brodersen erfreuen, welche die kleine Mittelaltermarkt-Bühne zwischendurch eroberten und den Talkessel mit ihrem Song-Repertoire aus irisch-walisischer und lokaler, englischer Lancashire-Folklore füllten. Dabei coverten sie bekannte Stücke wie „Whiskey in the Jar“ oder „Fields of Athenry“, die gerne im Folk verarbeitet werden, aber auch stimmiges Liedgut, das weniger gut bekannt war. Leider wurden die Kurzauftritte jedes Mal von den Soundchecks der Hauptbühne etwas übertüncht – dennoch lieferte das Duo einen schönen Soundtrack für den Rundgang vorbei an den Merch-Ständen, den Mittelalter-Kaufleuten und dem Angebot an Essen und Getränken: hier gab es zu humanen Preisen u.a. Brat- & Currywurst, gewaltige Flammkuchen, Spätzle oder den MPS-bekannten Hanffladen, sowie für viele die Erlösung in Form eines halben Meter langen Wassereis-Prügels namens „Leck mich!“ – und vergessen wir nicht den Bierstand, der für die Met-erprobte Besucherschaft selbstredend auch neben den üblichen Getränken Wikingerblut verkaufte. Im Prinzip hatte man von überall her einen guten Klang der großen Bühne mitbekommen, selbst wenn man sich mal lieber im Marktbereich, am Eingang oder oben am Weltkriegsdenkmal aufhalten wollte, von wo aus man zwar keine gute Sicht hatte, wo aber Bierzeltgarnituren und Sitzgelegenheiten zu finden waren.

ASP-7Bevor gegen 20:20 dann der Hauptact des ersten Tages auf die Bühne trat, musste das Publikum erneut die Festival-Hymne „Im Feuertal“ mit Moderator Eric Fish schmettern, erst dann wurde die Bühne freigegeben – genauer gesagt fand sich dort zunächst nur Ally Storch ein, heute zum zweiten Mal auf der Bühne, die ein kurzes Intro-Medley bekannter ASP-Songmelodien zum Besten gab, ehe die Band selbst auf die Waldbühne kam. Eröffnet wurde das Konzert mit dem Klassiker „Werben“, dessen eingängige Lead-Melodie von ihr übernommen wurde. Das ASP-Set lieferte einen guten Mix aus Alt und Neu – wobei es mittlerweile schwierig sein dürfte, jedem Suchtleidenden der Musik des Herrn Spreng die perfekte Songliste zu schenken, bei so vielen bekannten Stücken, bei einer solch immensen Diskographie. Der Auftritt, der noch im Halbhellen begann, geleitete im Anfang mit „Kokon“, den beiden beliebten „Verfallen Folge 1“-Stücken „Astoria verfallen“ und „Souvenir Souvenir“ über den schon lange nicht mehr live präsentierten Werwolf-Song „Lykanthropie“ zum obligatorischen ASP-Hit „Und wir tanzten (Ungeschickte Liebesbriefe)“, verlangte dem Publikum des Feuertals viel Schweiß ab und erhitzte die Festival-Schlucht merklich, auch nachdem die Sonne längst nicht mehr am Zenit stand. Schön, wie gerade jetzt ein Strahler eine bedrohliche, große Silhouette des Frontmanns an die Felskante warf – ob beabsichtigt, oder nicht, ein tolles Bild. Zum folgenden emotionalen Song „Schneefall in der Hölle“ bestellte ASP sich noch einmal Nic Frost auf die Bühne und für „Duett (Minnelied der Incubi)“ folgte den beiden noch der männliche Spielbann-Gegenpart Seb Storm, welches dreistimmig präsentiert wurde. Doch bei diesen Gastsängern sollte es nicht bleiben: wie ärgerlich wäre es denn gewesen, wenn man nicht auch bei der anwesenden Prominenz aus allen Vollen geschöpft und Eric Fish auf die Bühne geholt hätte? Gemeinsam sangen er und ASP „Zaubererbruder“ aus dem Krabat-Liederzyklus (endlich!), bevor es mit dem „Vorwärts/Abwärts“-Choral bei „Schwarzes Blut“ zum Ende ging. Darüber hinaus ließen sich die Herren nicht lange bitten, noch einmal auf die Bühne zu treten (wie ASP meinte, zumal ohnehin die Hälfte der Besucher die Musiker neben der Bühne haben stehen sehen) und als Encore den auf der letzten Tour ausgelassenen Song „Umrissmann“ und das Grand Finale „Ich will brennen“ zu geben. Beinahe nervig die vielen „Ausziehen!“-Rufe, die man dem Sänger entgegenschlug, die er aber gekonnt überspielte, humorvoll abtat oder damit abfertigte, dass er seine Armstulpen auszog und in die Menge warf.

Gegen 22 Uhr gab es direkt im Anschluss ans ASP-Konzert noch eine innovative Feuershow an der Marktbühne zu bewundern – das Hauptareal sowie der obere Teil des Geländes wurden zügig, beinahe zu zügig, geschlossen. Wer auf keinen Fall den Tag bereits so früh enden lassen wollte, fand sich noch im nahen Wuppertaler Underground für eine Aftershow-Party ein, die Camper zogen sich wieder auf das Freibadgelände zurück. Die 1,5l Tetrapak/PET-Flaschen-Policy ist zwar gut gemeint gewesen, man hätte aber trotzdem bei den schwelenden Temperaturen noch Trinkwasserspender bereitstellen sollen – das Waschbecken, auf dem groß das „Kein Trinkasser“-Schild prangte, entweihten nicht wenige dann doch als Brunnenquell, wobei man aber sicher sein konnte, dass das Wasser im Bergischen Land weder verdreckt, noch radioaktiv verseucht ist. Noch schnell am Miroque-Stand einkaufen, ein paar der letzten, nun vergünstigten Reste an den Food-Ständen vertilgt, dann auf den Tag 2 in familiärer Feuertal-Kulisse freuen, der schon jetzt im Wetterbericht mit etwas mehr Wolken aufwarten sollte, die aber an der schwülen Luft noch nicht viel ändern sollten.