Seit nunmehr 17 Jahren entführen die Musiker von Faun ihre Hörer in die Welten der Magie und der Mystik. In ihrem geheimnisvollen musikalisch mittelalterlichem Stil, fesseln sie Jung und Alt sowohl live als auch mit ihren CDs zu Hause. Einigen sind die elbengleichen Klänge möglicherweise zu seicht, doch die Verkaufszahlen des letzten Albums „Luna“, das Platz vier der deutschen Charts erreichte, sprechen für sich. Zusätzlich erreichte das Werk Goldstatus. Nun melden sich die Faune mit dem Album „Midgard
“ zurück und erzählen von den längst vergangenen Zeiten Odins und anderer nordischen Sagen. Am 19.08. erschien der neue Silberling via Electrola/Universal Music. Ob auch diese Arbeit mit Gold oder Silber ausgezeichnet wird, steht noch in den Sternen, doch eines sei bereits vorweg gesagt: „Midgard“ hat etwas Bezauberndes, das sowohl textlich als auch musikalisch nicht mehr los lässt.
Das Album beginnt mit einem „Prolog“, an dessen Anfang Raben krächzen. Seichter, geheimnisvoller Gesang vermittelt einem sofort den Eindruck, in eine andere Welt einzutauchen. Auch wenn man das Altnordische nicht versteht, versteht man doch ungefähr die Einladung in die Welt der nordischen Mythologie. Das folgende „Federkleid“ setzt musikalisch und thematisch genau dort an. Rythmisch etwas schneller, lädt das Lied dazu ein, die Welt kennen zu lernen und seine Freiheit voll auszuschöpfen. Der „Sonnenreigen (Lughnasadh)“ erzählt von einem der alten Feste. Lughnasadh ist auch als Schnitterfest bekannt und fällt auf den 31. Juli bzw. den 1. August. Der Sommer neigt sich dem Ende zu, die Sonne steht jeden Tag ein bisschen tiefer und bald steht eine hoffentlich ertragreiche Ernte an. Der Song bezieht sich allerdings nicht nur auf dieses Fest, sondern handelt von dem allgemeinen Jahreszyklus, der sich stets wiederholt. Flöten und andere traditionelle Instrumente begleiten den weiblichen Gesang und unterstreichen das Gefühl der unterstützenden Natur.
Bei „Alba II“ kommt nun zweistimmiger Gesang zum Einsatz, was dem Titel von Grund auf eine ganz andere Stimmung verleiht, obwohl auch hier die Instrumente ähnlich wie in den voran gegangenen Songs gewählt sind. In erster Linie soll der Song daran erinnern, dass egal, was kommen mag, ein neuer Morgen kommen wird. Und nach jedem Winter kommt ein neuer Frühling. Von einer anderen Reise erzählt „Nacht des Nordens“, das unter anderem von einer engen Naturverbundenheit handelt. Der Song lädt auf sanfte Weise dazu ein, sich mit Freunden und Familie zu einem sinnlichen Fest zusammen zu finden. Längere musikalische Interludien entführen in die sagenumwobene Nacht und vermitteln ein Stück epische Mystik. Mit „MacBeth“ liegt eine wirklich sehr ruhige und besinnliche Ballade vor. Die Musik lädt nicht zum Tanzen ein, sondern eher zum Zuhören und zum Träumen. „Gold & Seide“ hingegen ist dann wieder beschwingter und klingt beinahe etwas orientalisch.
Mit „Brandan“ folgt dann ein Stück, das dazu einlädt, sich in der Melodie zu wiegen und seine Gedanken auf die Reise zu schicken. Von fernen Abenteuern und der Reise über die See des Brandan erzählt das Stück. Er erlebte laut mittelalterlicher Literatur allerlei mysteriöse Geschichten. Auch wenn er eine Figur der irisch-christlichen Geschichte ist, passt er thematisch dennoch in das Album ganz gut rein, da sich zu seiner Zeit verschiedene Sagen und Mythologien überschnitten und ineinander woben. Ganz anders steht es dann um „Odin“, der der wohl bekannteste nordische Gott ist. Als Göttervater und Erschaffer der Runen wird in dem Song in sanften, mythisch anmutenden Klängen seine Weisheit gepriesen.
Zum Schluss des Albums darf auch ein Cover der „Rabenballade“ nicht fehlen. Thematisch passt diese natürlich zu „Midgard“, aber man fragt sich dennoch, ob der Song nicht so allmählich zu den Akten gelegt werden sollte. Das elfte und letzte Lied „Lange Schatten“ beschließt dann ruhig und besinnlich den Silberling. Ein neuer Tag bricht an, die Sonne bricht durch den Nebel und die Natur begrüßt auch den Menschen, wenn er dies zulässt. Musikalisch ist der Song aber eindeutig nicht zum Tanzen geeignet, denn in ihm wiegt sich in jeder Sekunde der Abschied. Er könnte genauso gut ‚Midgard Epilog‘ heißen.
Fazit: Das Album „Midgard“ hat seine Höhen und Tiefen, aber es eignet sich auf alle Fälle dazu, es im Hintergrund ganz entspannt zu hören. Mir persönlich fehlt in manchen Songs ein wenig der Pepp, aber insgesamt ist das Thema der nordischen Mythologie doch recht gut umgesetzt und musikalisch stechen besonders „Alba II“ und „Brandan“ besonders hervor. Gerade bei ersterem bleibt der Refrain einem im Ohr hängen und schon beim zweiten oder dritten Mal kann man den eingängigen Text mitsingen. Thematisch einwandfrei, musikalisch für mich hie und da etwas zu sanft, ist das neue Werk von Faun aber dennoch ein Album, das sich lohnt. Zumindest dann, wenn man naturverbundene Texte und die typischen Faun-Klänge mag. Stilistisch führt es einen sogar ein wenig in die Faun-Vergangenheit, was dem ein oder anderen alteingesessen Fan wahre Freude bereiten wird.