Eisbrecher-8Eisbrecher – vorpreschende Wegbereiter durchs Packeis-Deutschland, Schlachtschiff des heimatlichen Rock- und Metal-Sounds dieser Tage. Die Münchner haben sich mit der VÖ ihres sechsten Albums „Schock“ (-> wir berichteten) voriges Jahr nicht nur bereits den Goldstatus erspielt, auch der letzte Live-Mitschnitt zur zugehörigen Tour, welcher als DVD und Blu-ray realisiert wurde, schlug bombastisch ein – für die diesjährige Kurztour „Volle Kraft Voraus“ ging die Band um den charismatischen Alexander Wesselsky diesen März erneut auf Reisen, am zweiten Termin, dem 12. März, sogar gleich ins Kölner Palladium. Lest hier, wie der Abend war.

Mit krachend hartem Beginn machten sich zunächst 19:15 schon (angeschlagener Beginn war 20 Uhr) One I Cinema aus Osnabrück die Bühne zu Eigen. Irgendwie war das ja schon ein Gegensatz, hier den süßlich sonoren Gesang von Frontmann Marco Meyer in Kombi mit dem doch sehr stürmischen Alternative Rock und Metal zu hören. In manchen Passagen gar vampiresk wimmernd ging es zu – Song Nummer 2 machte diesen dünnen Voreindruck dann aber wieder wett. Um Zeit zu sparen oder weil es dem Band-Usus nicht geziemte gab es nur wenig Worte für dieUnzucht-8 Kölner, man stellte sich nur eben zwischen Tür und Angel vor, bevor man sein mal härteres, mal verdächtig ruhiges Set durchspielte. So verging die erste Support-Band insgesamt jedoch eher ohne große Wellen zu schlagen, mit überbordendem Einsatz von grünem und anderem Neonlicht, wenn e
s überhaupt auf der Bühne etwas heller wurde, und irgendwie konträren Stücken. Positiv hervorzuheben definitiv der Reißer „Insidious“ und die Ballade „If Anyone Cared“, welche man berührend und ehrlich präsentierte, weiteres blieb nicht in Erinnerung. Die Fotos von One I Cinema findet ihr in unserer Galerie (-> hier).

Unzucht als zweite Vorband promoten derzeit ihre „Kettenhund“-EP als Vorgeschmack auf ihr nahendes, neues Album „Neuntöter“. Gleich zu Beginn stellte sich angesichts des Konzepts ein wahrer WTF-Moment ein, da die Auswahl an Warmups doch stilistisch sehr auseinanderging. Klar ist die Nähe von Unzucht zum Hauptact mehr gegeben als zu den Vorreitern, aber auch die Herrschaften aus Hannover hier präsentierten ihren Dark Rock eher düster und beißend. Mit bekannten Songs wie „Engel der Vernichtung“, „Unendlich“ oder „Deine Zeit läuft ab“ haben Frontmann Daniel „Der Schulz“ und seine Band die Hörerschaft voll im Griff, auch wenn bei „Seelenblind“ offenbar kurz die Gitarre aussetzte – aber ein technisches Problemchen ist kein Hindernis für das Quartett, das sich mittlerweile routiniert und cool gibt. Die Bilder des Auftrittes gibt es in der Galerie (-> hier).

Schließlich trat Dr. Dirty Dietz wie schon zu Beginn zur Einstimmungsrede auf die Bühne, konnte aber doch nur mit wiederholten und faden Jokes, die es schon voriges Jahr gab, ein paar Schmunzler entlocken. Beim Mikrotest eines Roadies wurde noch ein wenig sein Tourette-Syndrom ausgelebt, der Dottore reichte währenddessen Tabletten für die Leute in den ersten Reihen, damit sie auch durchhalten, etwas flach alles. Eisbrechers Einstand riss hingegen alles wieder heraus: mit „Verrückt“ als Opener und dem gleich folgenden „Willkommen im Nichts“ gab es gleich den Schulterschluss von der ersten Platte bis heute, bevor Alexander Wesselsky seine Herde am schwarzen Pult inmitten der Schiffsbauten der aufwändig gestalteten Kulisse begrüßte. Ausnahmsweise mal „bebrillt“ ließ man „Augen unter Null“ folgen, sowie die zynische Predigt „Mein Blut“. Schön, dass mittlerweile jeder Song sein eigenes Show-Gimmick mitbringt – mal sind es Jodeleinlagen zu „Himmel, Arsch & Zwirn“, mal die Blechtrommeln zum Audio-Eisbrecher-3„Amok“-Lauf oder der stimmige Schneesturm zu „Eiszeit“. Als Dankeschön für den erwähnten Goldstatus, den die „Schock“-Platte mühelos einheimste, schenkten Eisbrecher ihrem Fan-Volk auch den neuen Song „Wir sind Gold“, welcher natürlich auch in goldfarbenem Flitterregen live präsentiert wurde. Ein augenzwinkernder Dank geht an dieser Stelle an die Helfer, die während der Show immer mal wieder mit Warnwesten bekleidet, die Bühne von dem Glitzerregen befreiten.
Mit Textzeilen wie „Wir sind nur alle hier, weil ihr es wollt – wir sind Gold“ spendierte man ein gelungenes Dankeschön, welches in sämtlichen Passagen ein Songtitel-Potpourri der gesamten Eisbrecher-Diskographie liefert. Diesen gab es auch für alle Besucher als exklusive 1-Track-Single für umme – sehr nice. Der Klassiker „Miststück“ aus Megaherz-Zeiten schloss das reguläre Set dann fulminant, bevor Wesselsky und seine Kollegen zu „Volle Kraft Voraus“, der aktuellen Single, und dem bitterbösen Lovesong „Vergissmeinnicht“ noch einmal zurückkehrten. Zum obligatorischen „This is Deutsch“ gab es diesmal einen Bühnenaufmarsch augenscheinlicher „Besorgtbürger“ zu einer Show-Demo mit einem Schilderhaufen unter dem Arm. Die Aufschriften reichten von der Klischee-Ausrede „Ich bin kein Nazi, aber…“ bis zum plumpen „Hey, Hey, Wickie“, Alex zückte irgendwann eine Europaflagge und diese schenkte er dann kurzerhand einem nach dem Song mit „Buh“-Rufen protestierenden Herrn im Publikum. Auch Polit-Satire kann die Band! Das Grand Finale gab es diesmal mit dem „Antikörper“-Stück „Ohne dich“. Die Fotos des Headliners findet ihr in unserer Galerie (-> hier.)

Fazit: Eisbrecher präsentierten sich an diesem Abend in Köln wie wohl schon am Termin zuvor in Leipzig in gewohnter Souveränität. Immer wieder hervorzuheben sind Wesselskys süffisante bis nachdenkliche Ansagen zum Weltgeschehen, die einem Konzert dieser Band immer wieder aufs Neue gerade den Mehrwert verleihen, den die eingefleischten Fans so sehr an den Live-Performances schätzen. Sehr ulkige Szenen waren aber auch jenem sturzbetrunkenen Metalhead zu verdanken, der in den Zugabe-Pausen für alle Umstehenden unüberhörbar und aus vollster Kehle immer wieder „Manowar“ forderte – nein, mein Bester, da hast du dich am Ende des Konzertes doch in der Band vertan. Nächstes Mal dann doch besser ein Glas Wasser zwischen den Kölsch-Stangen, woll? Die Support-Bands präsentierten sich insgesamt gemischt bis positiv, Unzucht wird –wenn man den zahlreichen Shirt- und Pulli-Trägern glauben darf- wohl auf deutlich mehr Anklang gestoßen haben als die Newcomer von One I Cinema, nicht nur ob ihres Bekanntheitsgrades, sondern auch wegen der starken und mitreißenden Show, erblassten aber dann doch alle vor dem Hauptact. Gerne alsbald wieder!