Ein Festival das viel verspricht ist toll, eines das seine Versprechen dann auch hält ist das E-Tropolis. Das Line-up hat es im Vorfeld bereits verkündet, für jeden Geschmack war etwas dabei und so war es nicht verwunderlich, dass sich die Turbinenhalle in Oberhausen bereits kurz nach Einlass mit zahlreichen Besuchern füllte. Bevor es musikalisch losging, deckten sich Viele direkt mit Wertbons ein, brachten ihre Jacken in die gut organisierten Wertschränke oder sahen sich vorab im Händlerbereich um.
Um 14 Uhr startete dann Henric de la Cour (-> Fotos hier) auf der Mainstage. Eine Band aus Schweden, die nur selten in Deutschland auftritt. Daher war es umso besser, dass einer dieser exklusiven Auftritte auf das E-Tropolis in Oberhausen fiel. Trotz der frühen Stunde des Festivals versammelten sich bereits zahlreiche begeisterte Besucher vor der Bühne und genossen den Auftritt. Wie auch in den letzten Jahren fuhr man in der Turbinenhalle wieder zweigleisig, so begann auch wenig später auf der Second Stage die Show. Opener hier waren Orange Sector (-> Fotos hier), ein EBM-Duo aus Hannover. Direkt zu Beginn gingen sie in die Vollen und befehligten den Füßen des Publikums zu tanzen. Im Laufe ihres Auftrittes heizte sich die gute Stimmung weiter auf und wohin man sah bewegten sich die Leute, feierten und manche gründeten vor der Bühne sogar ihren eigenen kleinen Circle-Pit.
Bevor es auf der Second Stage dann mit Harmjoy (-> Fotos hier) weitergehen sollte, ging es in der Running Order auf der Mainstage erstmal mit Kite (-> Fotos hier) weiter. Schwedischer Synthpop ist angesagt und so verwundert es kaum, dass sie den Nerv des Publikums haargenau trafen. Bereits mehr als die Hälfte der Halle ist voll und auch auf den oberen Balkonrängen fanden sich interessierte Zuhörer. Der leicht zugängliche Sound macht gute Laune und so war bis zu diesem Punkt bereits ein sehr guter Start des Festivals zu vermelden. Auf der Mainstage machten es sich nun Assemblage 23 (-> Fotos hier) wohnlich. Die Bühne ist das zweite Zuhause von Tom Shear, könnte man sagen. Er tobte sich zusammen mit dem Publikum ordentlich aus. Dieses zeigte sich allgemein beim diesjährigen E-Tropolis als sehr bewegungsfreudig. Zurück zur Second Stage, auf der Beborn Beton (-> Fotos hier) ihren Sound aufdrehten. Sie sind wahrlich keine Unbekannten, denn schon seit 27 Jahren mischen sie in der Musikszene mit. Auf der einen Seite leichter und unbeschwerter Elektrosound und dann auch wieder kraftvoll und einheizend. Das Publikum schien mit dem spontanen Ersatz von Chrom mehr als zufrieden, wenn es auch sicherlich schön gewesen wäre diese ebenfalls auf dem Festival zu sehen.
Wieder in der großen Halle, waren um 17:25 Uhr The Cassandra Complex (-> Fotos hier) zu finden, eine der wenigen Bands, die am heutigen Tag auch mal rockige Elemte mit auf die Bühne brachten. Der Stil überzeugte und der Auftritt wurde begleitet von ziemlich textsicherem Publikum. Wer den rockigen Klängen allerdings nicht so sehr zugetan war, fand sich recht zügig vor der Second Stage ein. Winterkälte (-> Fotos hier) gaben sich die Ehre und wer sie kennt, der weiß dass sie keine halben Sachen machen. Wo andere Bands ihre Bässe erklingen lassen, setzen Winterkälte noch eines oben drauf. Das Ganze wurde aber dabei so gut abgemischt, dass die Fans sie feierten wie kaum einen zweiten Act des Festivals. Der Aufritt der Noise Band aus dem „Hands Label“ war nicht nur laut sondern auch gut besucht.
Für all die, denen doch mal die Füße einfach irgendwann vom vielen Tanzen weh taten, standen jederzeit in der Händlerhalle ausreichend Sitzgelegenheiten zur Verfügung, um auch mal in einer stilleren Ecke runterzukommen, zu verschnaufen oder schlichtweg was zu essen. Für das leibliche Wohl war durchaus gesorgt, von herzhaft bis süß war alles dabei, nur die Seite mit den Händlern selber, die ist von der Anzahl her noch ausbaufähig. Dummerweise muss man, wie in der Turbinenhalle üblich, vor dem Essen Bons kaufen. Zwei Mal Anstellen war also angesagt, aber das trübte die gute Stimmung nur wenig.
Wer dann fertig gegessen hatte, konnte direkt um 18:30 Uhr mit Welle:Erdball (-> Fotos hier) feiern. Es hatte den Anschein, dass für viele Besucher hier schon ein insgeheimer Headliner auf der Bühne stand so voll wie es war. Dicht an dicht wurde sich bis hin zur Bühne gedrängelt um mitzusingen, Party zu machen und Spaß zu haben. Spaß, dafür sind Welle Erdball bekannt. Nicht nur die unterhaltsame Bühnenshow lockte die Leute an, sie wurden von der Band in die Show mit einbezogen, unter anderem mit riesigen Luftballons, die zum Vergnügen ins Publikum geschleudert wurden. Die Auswahl der Lieder zauberte mit z.B. „1000 Engel“, „Starfighter F-104G“, „Arbeit Adelt“ und vielen mehr, ein Strahlen in die Gesichte der Leute; einzig A.L.F. konnte krankheitsbedingt heute nicht auftreten.
Auf der Second Stage fanden sich 19:15 Uhr Legend (-> Fotos hier) ein. Hier auch nochmal eine Band, die zur Abwechslung weniger elektronische Sounds sondern ein bisschen Rock und Metal im Gepäck hatte. Mit nur 6 Titeln spielten Legend ein eher kurzes Set. Schade! Im Anschluss spielte auf der Mainstage zum Trost ein Urgestein der Schwarzen Szene. Front Line Assembly (-> Fotos hier) traten auf die Bühne, optisch schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber wenn die Musik beginnt mutiert Bill quasi zu einem Teenager. Keine Spur von vornehmer Zurückhaltung sondern Vollgas bis zum Schluss. Viele Fans hatten sich in der Halle eingefunden und mit Front Line Assembly zusammen den Auftritt rund gemacht.
Eines der Highlights des Festivals trat um 20:45 Uhr auf der zweiten Bühne auf. Diorama (-> Fotos hier)! Von Klavierstücken bis Electro hat diese Band alles im Repertoire und die Stimme von Torben Wendt findet ihren Weg durch die Ohren direkt in den Kopf und da geht sie so schnell nicht raus. Diorama hat den Dreh raus, ihr Publikum mitzunehmen und das während des gesamten Auftritts. Da wird mit den Fans vor der Bühne interagiert und das funktioniert einfach sehr gut. Die Aufforderung sich „synthetisieren“ zu lassen oder einfach mal „auszuradieren“ hört sich allerdings viel besser an wenn man es „Synthesize me“ oder „Erase me“ ausspricht. Um hier mal nur zwei der tollen Songs zu nennen, die gespielt wurden. Torben machte seinem Ruf als regelrechtes Energiebündel auf der Bühne wieder mal alle Ehre. Ein Blick in die Runde der Halle zeigte, dass kaum ein Fleck der Halle leer geblieben war. Wer es noch quirliger auf der Bühne mag, der hatte dann um 21:40 Uhr in Halle 1 Hocico (-> Fotos hier) vor der Nase. Der tasmanische Teufel aus Mexiko fegte in einem Affenzahn über die Bühne und das alles ohne die geringsten Ermüdungserscheinungen. Die Halle war beinahe zum Bersten voll, selbst die Ränge hatte man komplett eingenommen. Man hatte wirkliche Schwierigkeiten, sich noch einen Platz zu sichern, von dem aus man gut sehen konnte, zudem Erk Aicrag nicht der Größte ist, zumindest körperlich. Elektro as it’s best.
Der Abend neigte sich so langsam dem Ende zu und nur noch zwei Bands standen auf der Running Order. Das Suicide Commando (-> Fotos hier) legte routiniert einen erwartungsgemäß kraftvollen Auftritt hin und sorgte für eine Halle voller Menschen, die scheinbar unerschöpfliche Tanzreserven an den Tag legten. Zahlreiche Klassiker der Band haben das Publikum beglückt und für zufriedene Mienen auf den Gesichtern der Fans gesorgt. Damit wurde das Festival in Halle 2 würdig beschlossen.
Kurz vor Mitternacht hieß es dann: Bühne frei für And One (-> Fotos hier) auf der Mainstage. War die Halle bisher noch nicht aus allen Nähten geplatzt, dann tat sie es jetzt. Wer zu lange bei Suicide Commando war, hatte leider Pech und durfte sich hinten anstellen. Gar nicht so schlecht in dem Fall, dass die Bühnenpräsenz von Steve Naghavi gefühlt von Oberhausen bis nach Neuseeland reicht. Die Turbinenhalle als Industriehalle erbaut, ist für ein Festival dieser Art mehr als geeignet, niemand muss sich wegen der Statik Sorgen machen, wenn hunderte von Menschen auf gleichem Raum Tanzen, springen und Party machen, denn genau das war beim Auftritt von And One der Fall. Mit „An alle Krieger“, „Steine sind Steine“, „Deutschmaschine“ und weiteren Krachern wurde ein Klassiker nach dem nächsten abgefeuert und zwischendurch immer wieder gezielt mit dem Publikum gesprochen, als wäre man einfach mit Freunden unter sich. Die Stimmung war grandios und gekrönt wurde der Auftritt angenehmer Weise von zahlreichen Zugaben. So vielen, das man Steve, der nicht freiwillig gehen wollte zum Verlassen der Bühne mit „Manneskraft“ überreden musste. Alle Fotos des Festivals gibt es in unseren Galerien (-> hier).
Alle guten Dinge sind drei hat sich 2016 bewahrheitet. Es war rundum ein grandioses Festival, auch wenn man hie und da auf einen Platz in der Halle warten musste. Man darf jetzt schon auf das nächste Jahr gespannt sein.