Castle Rock Festival 2018
Das Castle Rock Festival lockte auch in diesem Jahr mit verschiedenen Bands nach Schloss Broich in Mülheim an der Ruhr. Zum 19. Mal fand das kleine Festival statt und hatte wieder einiges zu bieten. Während große Festivals oft die gleichen Künstler präsentieren, wartet das Castle Rock im Grunde in jedem Jahr mit einem ganz besonderen Line-Up auf. Hochkarätige Bands und Geheimtipps der Szene machen das kleine Event so beliebt. Hier könnte das Motto auch lauten: Klein, aber oho!
Auch in diesem Jahr konnten die Bands von sich überzeugen, wobei auch das gute Wetter sicherlich dazu beitrug, dass die Stimmung am Freitagnachmittag zur ersten Gruppe bereits phantastisch war. Das Castle Rock Festival hat sich längst von einem regionalen Geheimtipp zum beschaulichen Familien-Event entwickelt. Trifft man im Burghof häufig also die gleichen Menschen (die große Castle Rock Familie), wird einem auf der Bühne immer etwas anderes geboten. In diesem Jahr gab es im Line-Up kurzfristig eine kleine Änderung, aber die Deadlocks wurden würdig vertreten. Am Freitagnachmittag begann die musikalische Reise um 16.30 Uhr.
Tag 1 - Freitag, 29.06.2018
Das schöne am Castle Rock Festival ist, dass es freitags immer erst nachmittags beginnt. Dadurch können auch Berufstätige an dem Spektakel teilhaben. Zudem war das Wetter in diesem Jahr im Vergleich zu 2017 grandios, sodass es nur wenig verwundert, dass bereits zur ersten Band MicroClocks der Burghof recht gut besucht war. Die Band aus dem Ruhrgebiet schüttelte die Müdigkeit durch harte Gitarren und sichtlich gute Laune aus den Anwesenden, die sich sofort zum Feiern hinreißen ließen.
Mit Harpyie hielten völlig verrückte Vögel Einzug nach Schloss Broich. Mit Vogel-Maske und wilder Kriegsbemalung bot die Band aus Ostwestfalen eine bunte und radikale Show. Mit ihrem Folk-Metal und einer Geige brachten sie sowohl melodische Klänge als auch brachiale Töne auf das Festival. Seitdem der Band die Drehleier fehlt, schlägt die Gruppe um Sänger Aello einen härteren Weg ein, der auf dem Castle Rock durchaus gut ankam.
CypeCore ersetzten daraufhin die ausgefallenen Deadlocks. Die Band aus Mannheim steht nun auch bereits seit 11 Jahren auf der Bühne und konnten das Line Up des Festivals mit ihrem Endzeit-Melodic-Death-Metal ergänzen. Wer sich fragte, was das denn für ein Genre sein soll, konnte die Antwort auf Schloss Broich live erleben. CypeCore sind im 22. Jahrhundert angesiedelt, in Endzeitmanier steht der Mensch vor der Ausrottung und die Erdoberfläche ist größtenteils radioaktiv verstrahlt. Dies erklärt auch die Bühnenoutfits, die mit LEDs und anderen Spielereien ein Highlight des Tages waren. Brachiale Gitarrenriffs, harter Gesang und brutal ehrliche Sounds schallten durch den Burghof und konnten durchweg begeistern.
Einige Anwesende waren allerdings eher für Stahlmann gekommen, die als nächstes in den Startlöchern standen. Sänger Mart ist im Vergleich zu den anderen Künstlern wohl als alter Castle Rock Hase zu bezeichnen, da er mit seinen verschiedenen Projekten schon häufiger dort zu Gast war. Bemerkenswert ist, dass er seit einiger Zeit auf das Markenzeichen seiner Band verzichtet: Die silberne Bemalung. Auch ist die starke Fluktuation der Bandmitglieder bemerkbar, auch wenn sich das nicht auf die Sounds der Band auswirkt. Zwar wurde die Gruppe bejubelt, doch die lauten „Hey“-Rufe auf Kommando des Schlagzeugers mussten immer wieder ‚erlernt‘ werden.
Freiwilliges Jubeln und die vollkommene Eskalation hielt das Publikum für den ersten Headliner des Festivals bereit. Pain aus Schweden ist ein Projekt des Produzenten Peter Tägtren, der beispielsweise mit Dimmu Borgir oder Sabaton zusammenarbeitete. Bei der Band steht er an Gitarre und Mikro und riss die beachtliche Menge vor der Bühne mit seinem kraftvollen Gesang ab dem ersten Song mit. Das Castle Rock Festival 2018 bewies mit Pain, dass harte und rockige Klänge sich im Ruhrgebiet größter Beliebtheit erfreuen. Headbangen und abrocken war hier auf alle Fälle Programm. Da die Band mit einer kleinen Verspätung begonnen hatte, wurde die Zugabe nach 22.00 Uhr gegeben. Die Anwohner waren aber wohl selbst alle vor Ort, denn es gab scheinbar keine Beschwerden. Wenn allerdings die Musiker aus Schweden eine solch kraftvolle und phänomenale Show abliefern, dann gibt es auch gar keinen Grund, sich aufzuregen. Da kann nur getanzt und gemosht werden!
Tag 2 - Samstag, 30.06.2018
Wer am Freitagabend noch nicht genug getanzt hatte, stand am zweiten Tag des Castle Rock Festivals wieder pünktlich zum Einlass vor den Toren von Schloss Broich. Zu einer sehr humanen Uhrzeit öffneten sich die Tore. Das Festival in Mülheim an der Ruhr ist also nicht nur klein und familiär, sondern auch für Menschen, die gern länger schlafen geeignet. Um 12.15 begann die erste Band. Seelensturm sind zwar bereits seit 2008 musikalisch unterwegs, können aber leider nur wenig Material vorweisen. Um so lebhafter feierten sie ihr 10-jähriges Bandjubiläum auf Schloss Broich mit ihren kraftvollen Sounds. Die Reaktionen auf die Songs der Düsseldorfer Rockband waren zunächst zwar verhalten, doch spätestens beim Duett mit Micha, seines Zeichens Sänger bei Voodoma, wurden die müden Füße vor die Bühne geschleppt, um zu feiern.
Für viele alte Festival-Hasen dürfte der Auftritt von Another Tale überraschend gewesen sein. Zwar war das Line-Up natürlich vorher bekannt gewesen, doch die Band hatte sich wegen des Todes von Frontmann Frank Peter Hermsen im Jahr 2003 aufgelöst. Nun, 15 Jahre später, stehen sie wieder auf deutschen Bühnen und haben nichts von ihrem Charme eingebüßt. Natürlich ergibt sich mit anderer Stimme am Mikro ein neues Bild, doch alt eingesessene Fans erfreuten sich an den alten Songs, die nichts von ihrer alten Dynamik vermissen ließen.
Nach diesem fulminanten Auftritt machte die Band Platz für Godex, die erst im vergangenen Jahr ein neues Album herausgebracht haben. Mit beinahe gezwungen tiefer Stimme und eingängigem Gothicrock versuchte die Band aus Hattingen die Menge vor der Bühne weiter aufzuheizen. Viele Anwesende nutzten die Zeit allerdings zum Essen oder um sich im Schatten auszuruhen. Der Burghof hatte sich gelichtet und Platz für die wenigen Godex-Fans geschaffen. Schade für die Band, die sich dadurch aber nicht beeindrucken ließ.
Zwischendurch war es im Hof des Schlosses durch die Sonne so heiß geworden, dass sich Viele generell lieber im Schatten aufhielten. Als jedoch „Schlossherr“ und Veranstalter Michael Bohnes den Wasserschlauch in die Hand nahm, um sein Publikum zu erfrischen, warf man sich ihm nahezu vor die Füße. Spaß war da garantiert! Genauso wie mit der blutigen Show von Heimataerde, die stilistisch völlig aus dem Rahmen fielen. Mit elektronischen und mittelalterlichen Klängen, ihren Kreuzritter-Outfits und den teils platt gereimten Texten sind sie sicherlich nicht für jeden etwas. Besonders die anwesenden Kinder könnten die Show als etwas zu brutal erlebt haben. Die Fans des Musikprojekts skandierten jedoch Songs wie „Hick hack Hackebeil“ fleißig mit und feierten die Gruppe um Ashlar von Megalon frenetisch.
Nachdem das Blut des toten Templers mehr oder weniger weggewischt worden war, betraten die Schweizer von The Beauty of Gemina die Bühne. Mit ihrer Mischung aus Synth Rock und Wave konnten sie die Menge auf jeden Fall begeistern und bereiteten das Publikum würdig auf Tanzwut vor. Die Band um den teuflischen Frontmann präsentierte sich selbstverständlich im vollen Umfang mit ihrem Rock-Set. Erneut gab es eine Mittelalter-Rock-Kombo auf dem Castle Rock Festival 2018, die nun aber, statt mit Geige, mit Dudelsäcken und Synthesizern punktete. Dass sich Tanzwut großer Beliebtheit erfreut, wurde allein schon darin deutlich, dass sich der Burghof wieder ordentlich gefüllt hatte. Alle wollten „wie das Meer sein“ oder „Freitag, den 13.“ feiern. Dank der eindrucksvollen Pyro-Show wurde es nicht nur in den ersten Reihen oder in der Sonne ziemlich warm. Auf so viel Feuer schien auch die Security nicht vorbereitet gewesen zu sein, denn so manch ein Gesicht der Mitarbeiter oder auch der Fotografen wurde schon beim dritten Lied des Sets ganz schön heiß. Ansonsten lieferte die Gruppe aus Berlin eine souveräne und dynamische Show, auch wenn Publikumslieblinge wie „Bitte, bitte“ leider fehlten.
Mit großen Schritten ging es auf das Ende des Festivals zu. Zeit also, dass erneut eine Metalband aus Schweden die neu gestaltete Castle Rock Bühne erklimmen sollte. Zuvor betrat aber Michael Bohnes die Bühne und verkündete, dass es 2019 kein Castle Rock Festival geben wird. Dies liegt aber keinesfalls daran, dass das Festivalsterben weiter geht, sondern dass der Hof von Schloss Broich saniert wird und die Location schlichtweg nicht zur Verfügung steht. Es wird an einem „Out of Castle“ Festival gefeilt, um die Wartezeit zum Castle Rock Festival 2020 zu überbrücken. Ermutigt durch diese Worte, konnte sich das Publikum dann auf Evergrey freuen. Die Musiker aus Göteborg konnten mit düsteren Klängen und harten Riffs bestechen. Allerdings merkte man den Anwesenden an, dass sich die Meisten lediglich auf den Headliner des Festivals freuten.
Mit einiger Verspätung betraten Lacuna Coil die Bühne. Der Burghof tobte, als hätte man auf nichts anderes gewartet. Von der Freude der Menge getragen, begannen die Italiener ihre Show. Von der Bühne schwappte durch ausdrucksvolle Performance und kraftvolle, alternative Metalklänge eine Welle der Euphorie und Power über Schloss Broich. Mit Songs wie „Our truth“ und „My Demons“ wurden frenetisch gefeiert und mitgesungen. Der ganze Burghof tanzte und beim Depeche Mode Cover von „Enjoy the Silence“ gab es kein Halten mehr. Sängerin Christina Scabbia und ihr Duettpartner Andrea Ferro zeigten, dass sie auch solche Songs phantastisch in Szene setzen können. Trotz der langen Umbaupause, ließen es sich die Musiker nicht nehmen, auch nach 22 Uhr noch eine Zugabe zu geben und das Castle Rock Festival lautstark und kraftvoll zu beenden.
Fazit
Nachdem die letzten Töne von Lacuna Coil verklungen waren, strömten die Besucher, erhitzt aber glücklich in die laue Sommernacht. Auch im Jahr 2018 hat sich das Castle Rock Festival wieder als kleines, aber hochkarätiges Event mit top Line-Up erwiesen. Die Location macht das beschauliche Festival zu etwas ganz Besonderem und sollte für jeden Rock-Liebhaber im Ruhrgebiet fest auf der alljährlichen Agenda stehen. Bands wie Pain, Tanzwut oder Lacuna Coil haben die Burg ordentlich gerockt!
Zudem konnte sich die neue Bühne bewähren. Die Lichtanlage bestand ihre Feuerprobe und dadurch, dass die Bühne nun um einiges höher war als sonst, konnten die Bands auch von hinten gut gesehen werden. Auch wenn es im Burghof zwischendurch bei all den rockigen Klängen hoch herging, wurde auf die anwesenden Kinder stets Rücksicht genommen, was bei anderen Festivals keine Selbstverständlichkeit ist.
Wir von Vita Nigra freuen uns nun schon auf das nächste Castle Rock Festival und sind gespannt, was sich Michael Bohnes für 2019 einfallen lässt. An dieser Stelle danken wir dem Veranstalter und allen Beteiligten, dass wir von Jahr zu Jahr Zeuge dieses wundervollen Festivals sein dürfen. Auf Schloss Broich wird man als Musikliebhaber im Metal- und Rockbereich einfach nie enttäuscht!