Schwitzen, rocken, Gartenschlauch! – Das 16. Castle Rock:
Am vergangenen Wochenende mutierte das Ruhrgebiet abermals zum Mekka für alle musikhungrigen Pilger. Großveranstaltungen wie u.a. Bochum Total, Summerjam oder das Vainstream Rockfest in Münster lockten trotz brennender Temperaturen abertausende vor die Bühnen – Massenabfertigung par excellence! Wer es da ein wenig intimer und familiärer mochte, den zog es auch in diesem Jahr wieder nach Mülheim an der Ruhr zum wohl intimsten und familiärsten Rock-Event in NRW. Das beliebte Castle Rock Festival in seiner 16. Auflage lockte einmal mehr die Anhänger der Gothic, Rock und Metal-Szene in den Innenhof des idyllischen Schloss Broich, um zwei Tage lang mit Newcomern als auch alten Hasen des Business zu feiern. Ein „Nachhause kommen“ für die Kenner – eine „positive Neuentdeckung“ für Dazugestoßene von Nah und Fern.
So ist es nicht nur die einmalige Kulisse der historischen Befestigungsanlage die zum Wohlbefinden der Besucher beträgt, sondern vor allem auch Schirmherr Michael Bohnes, der seit Jahren die Preise für Eintritt, Speis und Trank fair hält und stets ein Line-Up auf die Beine stellt, welches für jeden etwas bietet. Ein Veranstalter aus der Mitte, den man am Wochenende im Club nebenan zum Bierchen trifft und der immer ein offenes Ohr für Vorschläge oder Anregungen hat. So wurde angesichts der bevorstehenden Temperaturen und auf Wunsch der Gäste eine kostenlose Trinkwasserstelle installiert. Für die kleine Erfrischung zwischendurch sollte zudem ein Gartenschlauch dienen, der die Meute vor der Bühne bei Bedarf ordentlich wässerte.
Der Startschuss viel am Freitag pünktlich um 17.30 Uhr mit der Essener Dark Rock-Kombo Aeon Sable, die zumindest mit ihrem düsteren, psychedelischen Sound und viel Nebel für ein wenig Schatten sorgen wollte. Der Innenhof zeigte sich noch überschaubar, da die meisten Besucher Schutz vor der Hitze unter den Bäumen oder am Getränkestand suchten. Dennoch lauschte man gespannt dem 40-minütigen Querschnitt aus den bislang vier veröffentlichten Alben des Quartetts. Mit der österreichischen Band Visions of Atlantis, die in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feiert, stand nachfolgend eine Exkursion durch Power-und Symphonic Metal Gefilden auf dem Plan. Während Sänger Siegfried Samer mit seiner Stimme stiltypisch auf dem Ozean des Power Metals segelt, sorgt sein weiblicher Gegenpart aus Frankreich Clémentine Delauney (Ex- Serenity) mit ihrem teils klassischen Gesang für den symphonischen Anstrich. Der erwartete Bombast viel jedoch etwas mager aus. Zwar zollten Nummern wie „Through My Eyes“, „Seven Seas“ oder „Passing Dead End“ vom Können der Truppe, doch wurden die Synthis hier lediglich vom Band eingespielt und sind stellenweise vollkommen untergegangen. Auch ein zusätzlicher Lead-Gitarrist würde dem Sound sicherlich noch ein wenig besser zu Gesicht stehen. Mehr als ein „ganz Nett“ kann ich hier für den Auftritt nicht vergeben.
Schlossherr Michael Bohnes ließ es sich nicht nehmen, den nächsten Act höchstpersönlich anzukündigen. Ursprünglich wollten Beloved Enemy an diesem Tag ein weiteres Abschiedskonzert auf dem Castle Rock spielen, nachdem die Band 2013 ebenda bereits ihre Trennung bekannt gab. Aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung von Bandchef und Gründer Peter Pathos musste der Auftritt jedoch kurzfristig abgesagt werden. Dieser wurde nun mit Genesungswünschen bedacht und sichtlich froh wurde als Ersatz Megaherz angekündigt, die kurzfristig einspringen konnten. Die Münchner ließen auch nicht lange auf sich warten und verwandelten das Schloss sogleich mit dem Titelsong ihrer aktuellen Platte in ein „Zombieland“. Die Zuschauer waren sofort voll dabei und eifrig wurde im Takt mitgeklatscht. Die Schminke der Musiker saß perfekt – wasserfest und schweißresistent, angesichts der brütenden Hitze. Nach „Fanatisch“ richtete Sänger Lex das Wort an den Schirmherrn und ans Publik, bedankte sich für die Einladung und erwiderte: „Wenn Michael ruft, wenn das Castle Rock ruft, dann sind wir da!“ Weiter ging es mit beliebten Krachern wie „Blender“, „Mann im Mond“ und dem Evergreen „5. März“, bevor Lex noch ein paar Worte über die Schlagzeilen der letzten Wochen bezüglich der gemeinsamen Tour mit Unheilig und der angeblichen Zensur fand: „Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird!“ Optisch wurde die energetische Show der Zombiejäger durch CO2 und Feuerfontänen unterstützt, eher man sich nach 50 Minuten mit der bandtypischen Hausnummer „Miststück“ vom Publikum verabschiedete. Ende des Jahres soll es laut Lex etwas Neues von den Herzen geben, auch sei eine Tour für Januar 2016 geplant. Megaherz – ohne Frage der gefühlte Headliner an diesem Tag, denn vor dem eigentlichen Mainact verließen viele schon den Ort des Geschehens. Nach dieser musikalischen Abrissbirne hatten es die Jungs von Poisonblack wahrlich schwer, die entzündete Lunte weiter brennen zu lassen. Kurz und knapp eröffneten die finnischen Dark Rocker ihr Set unter den Worten „Let´s Play Rock ’n‘ Roll!“ gefolgt vom Song „Home Is Where The Sty Is“. Gleich zu Beginn wäre es fast zu einem tragischen Unfall gekommen: Bassist Antti Remes trat im falschen Moment auf sein Podest und bekam die auflodernde Feuerfontäne mitten ins Gesicht, so das seine Haare dabei angesenkt wurden. Unbeeindruckt spielte der Musiker weiter, das nennt man wohl Glück im Unglück.
Ein Hauch von Theatralik umgarnte nahezu jede Nummer: druckvolle Riffs, melancholische Synthis und der markante Gesang von Gründer und Ex-Sentenced-Frontsänger Ville Laihiala taten ihr Übriges. Mit „Bear The Cross“ wurde mehr Fahrt aufgenommen, doch außer ein paar wenigen aktiven Headbangern tat sich weiter nicht viel auf dem Innenhof. Die Band spielte sich souverän durch ihr Repertoire bestehend aus sechs Alben und forderte zu den beiden letzten Nummern „Mercury Falling“ und „Rush“ noch mal zum klatschen auf, leider nur mit bedingtem Erfolg.
Der erste Festival-Tag endete beinahe ebenso heiß, wie der folgende Tag beginnen sollte. Alle Fotos des Festivals gibt es übrigens bereits in unserer Galerie (-> hier).