Multitalent Otrebor und sein Black Metal-durchströmter Blend aus Shoegaze, atmosphärischem Post Metal und orientalischem Instrumentarium ist zurück – Botanist! Der Musiker aus San Francisco hat sich für seine neue EP in seiner Heimat umgeschaut und diese als Split mit dem als Ein-Mann-Projekt fungierenden Oskoreien veröffentlicht. Jay Valena, der Kopf hinter diesem Namen, hatte 2011 sein selbstbetiteltes Debüt „Oskoreien“ herausgebracht, während Botanist zuletzt 2014 mit einer Full-Length-Platte namens „IV: Flora“ aufwartete und seitdem nur noch vergangenes Jahr die Tour-EP „Hammer of Botany“ im Gepäck hatte. Beide Bands sind für eher verrückten, experimentellen Musikstil bekannt – Botanists Sound wird vor allem für eines immer wieder angepriesen oder eher kontrovers diskutiert: Dem Fehlen einer Gitarre, die stattdessen durch den Sound eines arabischen Hackbretts oder auch Kastenzither ersetzt wird. Ein Aufeinanderprallen mit Valenas typischem Folk-Doom-Black ergibt hierbei einen verheißungsvoll-interessanten Cocktail.
Warum das die Neugierde in jedem Underground-Anhänger wecken sollte: Zunächst einmal kann man sich sicher sein, dass eine Split mit Botanist im Boot nicht einfach nur zwei Band-Stilistika mischt, sondern auch wirklich ganz andere Luftdruckzonen aufeinander treffen lässt, gerade weil Otrebors „Green Metal“ eine gänzlich andere Herangehensweise an die Metal-Musik hergibt. Nicht umsonst verschmäht die Encyclopaedia Metallum das Projekt als „Un-Metal“ durch das Fehlen des eigentlich essentiellen Instruments. Der träumerische Neo-Sound, der durch den Einsatz des wie ein Derwisch gespielten Orient-Brettchens den herkömmlichen Drum-Sound und die Growls untermalt, ist aber auch hier wieder einzigartig: „Amorphophallus Titanum“ als Opener beginnt mit ebenso trostloser Stimmung wie jede VÖ der norwegischen Abgötter Immortal – und bevor man für diesen Vergleich ans Kreuz genagelt wird, sollte man sich noch das reißerische „Clathrus Columnatus“ geben.
Unverwechselbarer Klang, erhebend, ohne den Impuls zu verlieren. Die fünf Kurz-Stücke vergehen jeder in seiner eigenen Art kurzweilig und sind vor dem Hintergrund des Botanist-Konzepts ein wahrer Ohrenschmaus: Frustration über den Umgang von Krankheit Mensch mit der Natur. Im Herzen ein echter Aktivist prangte auf früheren Botanist-VÖs auch gerne mal das Prädikat: „Eco-Terrorist Metal“. Der irre Botaniker-Misanthrop rüttelt definitiv auf, auch wenn manchmal die Songs gar positive Alcest-Feelings aufkeimen lassen – nur um sie im nächsten Moment wieder zu ersticken.
Der Oskoreien-Part der Split-EP beginnt zunächst dissonant und wirkt wie die Ankunft der bitteren Zivilisation in der Natur-Zuflucht, die vorher erschaffen wurde: Typische Doom-Downpour-Musikwände fluten den Hörer und unterdrücken alles Hoffnungsfrohe, das vorher in Blüte stand. Vor allem das gemache Tempo und die schleifenden Gitarren lassen den Titeltrack „Deterministic Chaos“ erstrahlen, der sich auch mal ganze 13 Minuten hinzieht. Vor dem beständigen Beben, welches von dem Drone-Klang ausgelöst wird, stehen getragene Lead-Gitarren-Melodien, lamentierende Growls und es verbreitet sich schnell ein Gefühl von Unbehagen. Und wer das schafft, kann sich auf die Schultern klopfen. Das schließende, wesentlich kürzere „Without You, I’m Nothing“ reiht sich hier ein und geht symptomatisch mit dem deterministischen Chaos von zuvor einher. Kaskadischer Donner, stark gedrosselt in seiner Geschwindigkeit – aber ebenso zielführend wie die ganze EP. Mission accomplished.
Mit dem Clash von Botanist und Oskoreien hat man erneut ein perfektes Beispiel dafür, welch „weirde“ Facetten Black Metal annehmen kann – somit sind die dargebotenen Songs schonmal nichts für diejenigen Puristen, die ihren Black Metal traditionell konsumieren und von persischem Instrumentarium, politischer Botschaft und zu viel Doom-Chaos nichts wissen wollen. Doch die vorliegende Split macht vor allem wegen ihres überaus interessanten und der un-fucking-fassbaren Empirie beim musikalischen Schaffen richtig Bock. Dazu tritt die niederdrückende, beklemmende Stimmung, die Auseinandersetzung mit Themen der Biologie bei Botanist und die dröhnende Niederwalzung mit Oskoreien. Stark! Nihilismus par excellence.
Interesse geweckt? „EP3: Green Metal-Deterministic Chaos“ gibt es bereits seit Ende 2016 zu kaufen, ist aber kürzlich in nuer Auflage erschienen – die Platte selbst kann -> hier bestellt werden.
Und so hört sich Botanist live an: