Blackfield Festival, Tag 2-4Wo der eine oder andere Besucher des diesjährigen Blackfield-Festivals wohl noch die Müdigkeit in den Knochen spürte, vom Sonnenbrand des vergangenen Tags geplagt war oder von einem fiesen Kater heimgesucht wurde, ging das Programm direkt am zweiten Tag um 11 Uhr weiter. Nach ein paar morgendlichen Schauern im Ruhrgebiet, von dem das Blackfield-Gelände glücklicherweise weitgehend verschont blieb, begann der Tag kühler und die Sonne zeigte sich erst später am Tag wieder mehr. So dünnte das für die Nacht angekündigte Unwetter nicht nur gewaltig aus, sondern machte auch einen (vorsichtigen?) Bogen um Gelsenkirchen und die feiernde, schwarze Familie.

Wie im vergangenen Jahr stand der Samstag (diesmal nicht ganz, aber überwiegend) im Zeichen des Electro und der Dark Wave-Musik. Den Auftakt gaben X-Divide aus Köln und die US-amerikanischen Goths Frank The Baptist, die eigentlich zu den alten Hasen der Szene zählen, um die es aber in den vergangenen Jahren sehr ruhig beschienen war. Da zu dieser Zeit doch ein heftiger Schauer über das Blackfield kam, bedankten sich die Kalifornier mehrfach bei ihrem Publikum, dass trotz des Regens aushielt. Nach .com/kill und She Past Away aus Istanbul mit interessantem Darkwave, bewegten die Hamburger Sono die Massen, die mittlerweile tatsächlich wach waren. Mit „Flames Get Higher“ oder „Better“ bescherten die Herren um Lennart Salomon am Mikro den Fans einen bassreichen und schweißtreibenden Auftritt.

Wer danach noch immer nach Electro und Synthpop hungerte, durfte sich am Samstag noch über Solar Fake, dem Side-Projekt von Zeraphine-Frontmann Sven Friedrich. Ebenfalls ein Highlight des Samstags: die Dark Rocker Unzucht aus Blackfield Festival, Tag 2-43Hannover. Ihre „Venus Luzifer“ als Bühnenskulptur vom Cover des gleichnamigen, aktuellen Albums zierte die Position neben den Musikern und untermalte optisch die solide Show aller bekannten Songs der Jungs. Daniel Schulz und seine Kollegen suhlten sich geradezu im zahlenmäßig starken Fan- und Fanclub-Besucher-Aufgebot in der Menge – der Erfolg der Herren spricht ja auch für sich. Mit ihren Hits wie „Unendlich“, „Deine Zeit läuft ab“ oder „Engel der Vernichtung“ zum Schluss begeisterten die „wahrlich Unzüchtigen“ die Gemeinde des Blackfields sehr. Das zur letzten Tour noch getilgte „Kleine geile Nonne“ setzte dem ganzen die Krone auf. Auch auf die weltweit bekannten Mesh aus Bristol konnte man sich dann freuen. Ihr Sound, der sich irgendwo in den Klangwelten von Depeche Mode, De/Vision und VNV Nation abspielt, bringt die Szene seit 1991 mit ihrer beschwingenden Musik zum Kochen. „Crash“ von 2006 landete damals sogar in den deutschen Charts. Als Atempause nach den schnellen und impulsgeladenen Acts folgte am frühen Abend eine Dark Wave-Legende: Deine Lakaien. Seit Mitte der Achtziger bereichern Alexander Veljanov und Komponist Ernst Horn mit ihrer von einzigartiger Melancholie geprägten, unter die Haut gehenden Musik. Der kurzgeratene Herr mit eigenwilliger Frisur zog einen Teil des Blackfield-Kessels schnell mit seiner Stimme in den Bann. Hits wie „Farewell“, „Over and done“ oder „Mindmachine“ sind wohl allen Diskogängern im Gothic-Landschaftsbild nicht unbekannt. Ein wenig ruhig, fast schon zu ruhig an dieser Lineup-Position.

Einige ausländische Blackfield-Besucher mochten sich doch stark gewundert haben, dass die Briten von Mesh sich die Blackfield Festival, Tag 2-71Headliner-Position schlussendlich von Alexander Wesselsky und seiner Neue Deutsche Härte-Giganten-Band Eisbrecher haben streitig machen lassen, was für uns weniger überraschend kam. Mit dem aktuellen Album „Schock“ tourten die Eisbären um den gleichsam exzentrischen wie charmanten Frontmann im Februar und März durch die Republik. Pünktlich zum Blackfield veröffentlichte man mit „Rot wie die Liebe“ auch ihre neue Single samt Musikvideo, welche in physischer Form –Zitat Alex: „man will ja was zum Anfassen haben, ich will ja auch keine digitale Frau“- auch im Publikum verteilt wurde. Die rundum starke Setlist mit Hauptaugenmerk auf den neuen Songs beinhaltete aber auch Klassiker wie „Antikörper“, „Prototyp“ oder „Leider“. Zur ersten Zugabe mit dem Song „Eiszeit“ trat Wesselsky gar mit Winteranorak auf die Bühne, was auch trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit ohne direkte Sonneneinstrahlung sehr warm gewesen sein muss. Nach „Verrückt“ und dem obligatorischen „Miststück“ aus Megaherz-Zeiten verteilten die Jungs noch ihre Eisbrecher-Eisbär-Kuscheltiere im Auditorium und beendeten mit dem gefühlvoll-brachialen „Schlachtbank“. Einziger Wermutstropfen: „Zwischen Uns“, eigentlich erste Single-Auskopplung des aktuellen Werks, fehlte. Aber das macht nichts, bei einer so coolen und professionellen Show.

Wer während der Interpreten die Muße hatte, mal über das Gelände oben zu schlendern und sich an Speis und Trank wie den Händlerständen gütlich zu tun gedachte, wird auch nicht die Guerilla-Aktion von Die Kammer übersehen haben, die auf der kleinen Bühne oben am Gelände einen unangekündigten „Spontan-Gig“ in Zweierbesetzung gaben. Eine schöne Überraschung, die wohl ein paar Besuchern entgangen sein mochte. So endete auch Tag 2 der dreitägigen Party. So langsam keimte bei manchen Festival-Gängern aber wohl schon der Gedanke daran, dass der folgende Sonntag der letzte Blackfield-Tag sein würde. Aber erst noch ein wenig zur Aftershow-Fete feiern gehen!

All unsere Fotos von Autogrammstunden, Leuten und Bands findet ihr bereits in unserer Galerie (-> hier).