In diesem Jahr hatten ASP wieder Grund zum Feiern: Das beliebte Album Weltunter feiert 20-jähriges Jubiläum. Zusätzlich veröffentlichte die Band ihr neues Album Horrors, sodass sie schlichtweg zur Weltunter Horrors Tour einluden. Wie schon 2019 sollte dieses Jubiläum auch in der Historischen Stadthalle in Wuppertal gefeiert werden – ein magischer Ort, an dem die Klangwelten eines jeden Konzerts großartig wirken. Am Abend des 22. September war es so weit und eine schwarze Menge in freudiger Erwartung traf sich in der Stadt an der Wupper, um sich von den Weltunter Horror-Geschichten bezaubern zu lassen.
Ruhige Töne zum Anfang
15 Minuten vor kommuniziertem Beginn traten The Beauty of Gemina auf die Bühne. Der große Saal der Stadthalle war zu dem Zeitpunkt erst gut zur Hälfte gefüllt. Man stand noch in Ruhe in Grüppchen und plauderte, als die Band aus Liechtenstein mit ihren sehr ruhigen und melancholischen Songs die Halle zum Schweigen brachte. Die Stimmung war entspannt, irgendwo zwischen Genießen der Musik und Warten auf das, was noch kommen würde.
Mit einer Ansage zur Coronapandemie und der Frage, welche Freunde einem noch bleiben, die man nicht an Krankheit oder „komische Ideen“ verloren hat, wie Sänger Michael Sele sich ausdrückte, wurde es nahezu noch düsterer und melancholischer. Man fragte sich fast, ob eine gewisse Party-Stimmung noch aufkommen wollte. Es kam dann jedoch Bewegung in die Menge, als The Beauty of Gemina zu Suicide Escape treibende elektronische Beats einspielte. Ab diesem Punkt wurde die Stimmung zusehends ausgelassener: Es wurde getanzt, der Saal füllte sich weiter und der Applaus wurde lauter. Vor allem die Ankündigung, dass die Band ein Cover von den Sisters of Mercy spielen würde, lockte laute Jubelrufe hervor. Leider waren an manchen Stellen in der Halle die Ansagen kaum zu verstehen. So blieb einem nur, die Musik zu genießen und abzuwarten, welche Songs sie noch spielen würden. Mit einem Dank ans Wuppertaler Publikum und einem dann doch eher rockigen Song, verabschiedeten sich The Beauty of Gemina nach einer Stunde Spielzeit und räumten das Feld. Die Fans hinterließen sie mit gemischten Gefühlen – so hatte sich ihr Set von melancholisch zu tanzbar und rockig gesteigert und die Vorfreude auf das ASP-Rockkonzert durchaus angeheizt.
Von alten und neuen Zeiten
Während der Umbaupause zwischen The Beauty of Gemina und ASP, blieb ausreichend Zeit, um sich erneut mit Getränken zu versorgen oder sich mit dem neuesten Merch einzudecken. Leider konnte man wohl nicht mit Karte bezahlen und bei manchen Tour-Shirts fehlten scheinbar die Daten auf dem Rücken, allerdings ließen sich die Fans davon nicht die gute Laune verderben. Gegen Ende der Umbaupause ertönten aus dem Off bereits Klänge, die das Publikum auf die Rückkehr in den dunklen Turm vorbereiteten und die Vorfreude stieg.
Passend zum Motto des Abends traten ASP beim Weltunter-Intro auf die Bühne und legten energiegeladen mit den Tracks Welcome und Weltunter los. Das 20 Jahre alte Album, das an diesem Abend komplett gespielt werden sollte, erfuhr dann direkt eine kleine Zäsur, da ASP erst Zuflucht in ein paar neuen Songs fand. Obwohl die Halle noch immer nicht ganz voll war, brandete tosender Applaus auf. Nach dem Fürst der Finsternis war es auch Zeit für die bereits bekannte Anti-Smartphone-Ansage und tatsächlich sah man in der Halle im Anschluss kaum noch ein nach oben gehaltenes Telefon, um Fotos oder Videos zu machen. Das durfte erst wieder bei Hässlich passieren.
Nach einem kurzen Ausflug ins Hotel Astoria kehrte ASP in das Jetzt zurück und gab den neuen Song Flickenpuppe zum Besten, der ordentlich gefeiert wurde. Gut möglich, dass sich der Track zum neuen Publikumsliebling mausert. Nachdem nach Hässlich alle Smartphones wieder in den Taschen verstaut waren, begann Eleison. Der tiefe, mehrstimmige Gesang, der in der Stadthalle widerhallte sorgte für ordentlich Gänsehaut! Bei Lykranthopie hatte man das Gefühl, das Publikum wolle die Halle gleich in Grund und Boden tanzen und als die letzten Töne des Songs verklangen, heulten einige im Publikum laut auf.
Mit vielversprechenden Ansagen leitete ASP durch den Abend und so durfte auch das neue Sandmann GmbH & Compagnie nicht fehlen. Auch dieser Titel hat großes Potenzial ein neuer Dauerbrenner zu werden. Noch mehr gefeiert wurde dann eigentlich nur Duett, das live immer einen besonderen Zauber versprüht. Da war Die Ruhe vor dem Sturm fast schon zu ruhig, doch Zeit zum Verschnaufen gab es nicht, denn danach wurde direkt aufgefordert: Raise some hell know! Zum Ende hin wurde es nochmal emotional, denn die Band stimmten den neuen Song Was mich besiegt an, der den einen oder anderen mit feuchten Augen und Gänsehaut zurückließ. Der leise Abgang danach blieb tatsächlich manchen verborgen, aber kurz darauf stimmte jemand in der Stadthalle das klassische EO an, um die Band zurück auf die Bühne zu locken. Unter großem Jubel kehrten ASP zurück und die Ansage, dass nun ja nur noch ein Song von Weltunter fehlte und wir alle wüssten, welcher das war, sorgte für den totalen Abriss. Die Energie bei und nach Ich will brennen war in der Stadthalle nahezu greifbar. Im Anschluss ertönte eine letzte Ansage, dass man zwar schon überzogen hätte, aber es sich nicht nehmen ließ, noch ein besonderes Stück zu spielen und so verabschiedete sich ASP mit The Shadow beneath the roots.
Fazit
Der Abend in der historischen Stadthalle war ein Wechselbad der Gefühle. Es gab kein konstantes Stimmungshoch, sondern eher ein emotionales Auf und Ab. Beide Bands wussten es, die Menge zum Träumen und zum Tanzen zu bewegen. Schade, dass der Klang an einigen Stellen der Halle nicht wirklich gut war, die Ansagen und teils auch der Gesang unverständlich waren. Da ist man aus der Stadthalle anderes gewohnt – denkt man vor allem an das Jubiläumskonzert 2019 zurück. Dass man den Text nicht richtig verstand, war auch beim letzten Song ein kleiner Stimmungskiller und irgendwie haben wir uns gewünscht, ASP hätte mit Ich will brennen das Konzert beendet und uns mit dieser unfassbaren Energie nach Hause geschickt. Der Funke hätte bis zum nächsten Konzert geglüht.