Thurms s/t-Debüt wirkt durchaus etwas geheimniskrämerisch. Über die Band ist bislang noch nicht viel Informationsfluss nach außen gedrungen – fest steht nur, dass sich hier Ex-Mitglieder von Anteater und Amber zusammengefunden haben, um ihre epische, brutale und apokalyptische Musik zu schmieden. Black Metal trifft Hardcore – so steht es auf der Packungsbeilage. Wir wissen, dass genannte Bands in den letzten Jahren einige Besetzungsmetamorphosen durchlaufen sind – wer sich nun aber konkret hinter den Musikern befindet, wird etwas im Dunklen gehalten. Ob der Genre-Cocktail der derben und schrillen Musik von Thurm zieht, haben wir näher unter die Lupe genommen.

Schon beim eröffnenden „Modern Slavery Exist“ brettern die Soundwälle dicht an dicht auf den Hörer ein und spiegeln den mühevollen und ausgereiften Songwriting-Prozess der DIY-Band wieder. Ein langsamer, kalter und schwermütiger Beginn, der sich schnell in wilden Mosh-Parts, von Wahnsinn gespicktes Tremolo-Picking und ein Blastbeat-Inferno entlädt. Die Vocals sind derart geplagt und bohrend und von einer ekstatischen Gesangslage, dass man ja sogar nicht einmal richtig mitbekommt, dass wir es eigentlich mit einer Sängerin zu tun haben. Und diese ist wutgeladen, von beklemmender Stimmlage und kommt schaurig böse daher. Nicht umsonst hat die Frontkehle A. –hinter der sich wohl Anna (ex-Amber) befindet- bereits in einem Facebook-Post bekanntgegeben: „I’m not lovesaken this time. I’m pissed.“

Genau diese Grundstimmung herrscht während der ganzen knappen 33 Minuten des Albums vor. Das hier ist nämlich kein Streichel-Post Rock oder einfach nur Screamo. Thurms Label Narshardaa Records hatte einst auch Planks, Hexis und Arktika im Roster – Truppen, die schon genau vorgeben, auf welche Stilistik man sich hier zur Förderung geeinigt hat. Energiegeladener Post-Hardcore, Sludge, Black Metal-gefütterte und -inspirierte Instrumentierung und Komposition. Thematisch verlieren sich die Songs von Thurm auch nicht in bodenlos platte Motive, Fantasy-Anberaumungen oder religiöse Sujets, welche mitunter im Black Metal auftauchen, sondern bleiben politisch, bodenständig und mit Botschaftsgehalt: gegen moderne Formen von Sklaverei („Modern Slavery Exist“), gegen das Töten unschuldiger Lebewesen („Faroe“), gegen Vergewaltigung der Natur („Dawn“). Man spricht sogar Tabuthemen wie Genitalverstümmelung im islamischen Raum an („FGM“). Der schwarzmetallene Lack kommt vor allem durch das Gitarrenspiel zustande und weiß durchaus seine Inspirationsquellen im extremen Genre sorgfältig für die eigene Ausprägung auszusuchen und so einem völlig anderen Genre aufzupfropfen. Nun ein Satz, der den Genre-Hardlinern die Haare zu Berge stehen lassen wird: typische Hardcore-Elemente, der „buzzsaw“-Sound, abgehackte Rhythmen und verzerrte Instrumente treffen so auf Black Metal-Charakteristika – das Produkt kann sich eindeutig sehen lassen. Vor allem bei „Enough“ schmiegen sich die beiden Rahmen der Stilrichtungen wie füreinander geboren zusammen.

Fazit: Die inerte Kühle von Thurm ist wirklich zum Bauklötze Staunen und ruft schon ein paradoxes Feeling jetzt im Sommer hervor. Ein bemerkenswertes Debüt ist die selbstbetitelte LP hier allemal. Vor allem die Sludge-Enthusiasten dürften im Neuprojekt Potential erkennen. Zukünftige Releases sind definitiv etwas, auf das man sich freuen kann.

Interesse geweckt? „Thurm“ erscheint am 10. August offiziell als Vinylplatte samt Downloadcode.