Der zweite Festivaltag kommt eher als man denkt, vor allem, wenn man viel zu wenig geschlafen hat. Kaum hatte man also das in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli abgesoffene Zelt wieder halbwegs trocken bekommen, fingen auf der Bühne schon Ithilien an zu spielen. Benannt nach einer Gegend in J. R. R. Tolkiens Mittelerde, was muss so eine Band schließlich machen? Natürlich, Folk Metal! Den spielten sie auch solide, melodisch unterstützt von Drehleier und Geige. Trotz intensivem Growlings des Sängers konnten nicht alle Hörneraner geweckt werden, so blieb das Publikum im Pit vorerst rar gesät.

Ebenfalls folk-metallisch ging es danach weiter mit Haggefugg. Der Name klingt zwar irgendwie nach einem plattdeutschen Ausdruck für Pflanzen oder etwas zu essen, doch die Kölner haben sich da wohl eher vom Honigwein inspirieren lassen. Das erste Album der jungen Gruppe heißt „Metgefühl“ (-> hier lest ihr unsere Rezension) und ganz im Zeichen dessen stand auch der Auftritt des Sextetts. Gewandet in sattem Rot und Schwarz wurde Morgengymnastik betrieben und anregend das Wort des Mets verkündet. Musikalisch gaben sich die Haggefugger recht dudelsacklastig, mit Traditionals und lagerstein_07_by_zouberi-dbiuiqcdem einen oder anderen Lobgesang auf den guten Met, erinnerte man sich dabei auch gerne an Anfangszeit von In Extremo. Feuchtfröhlich begannen dann auch Lagerstein ihr Werk. Feiner Piraten-Metal aus Australien, da durften natürlich Bier und Rum nicht fehlen. Man hatte sogar den Eindruck, dass auf der Bühne während des Konzerts mehr getrunken wurde als davor. Nichtsdestotrotz machten die Südostpiraten ordentlich Stimmung, da war von der Wall of Death bis zum Sitzkreis alles mit dabei. Herzliche Grüße an die Kollegen von Alestorm an dieser Stelle!

Nach den Exzessen der vorigen beiden Bands, traten nun wieder etwas Gelassenheit und Mystik ins Bühnenlicht. Mythemia verzauberten das Publikum mit ihrem erfrischenden Folk-Rock. Während andere Bands ihre Sänger scheinbar über Nacht austauschen, macht man das bei den Bielefeldern anders. Man schickt in der Übergangszeit einfach beide Frontleute auf die Bühne, die bisherige Sängerin Shilan und ihren Nachfolger Rodrigo. Ebenfalls neu in der Truppe ist Teddy am Bass, der auf dem Hörnerfest seinen ersten Live-Gig mit der Gruppe absolvierte. Während man Mythemia noch relativ ruhig genießen konnte, gab es bei Heimataerde kein Stillstehen mehr. Da wummerte der Bass und die Synthesizer rüttelten selbst dem verwegensten Metalhead die Arme über den Kopf, wenn die Techno-Vampirritter so richtig reinhauen. Es war also Zeit, die alten Disco-Moves wieder durchzuführen und ausgelassen zu feiern, während auf der Stage das Kunstblut nur so spritzte.heimataerde_18_by_zouberi-dbiuxhm

Unterdessen auf dem Mittelaltermarkt: Grimmig dreinblickende Schweden zeigten sich sichtlich genervt von dem unausstehlichen Gedröhne, das ununterbrochen von der Hauptbühne direkt zum Marktgelände herüberschwallte. Oder es waren einfach nur die stilechten schwarzen Augenringe der Bandmitglieder, die die Black Magic Fools so finster aussehen ließen. In den ruhigen Phasen und während der Umbaupausen, zogen die nordischen Narren dennoch ihr Akustik-Programm zusammengepfercht auf der kleinen Marktbühne durch. Später gab es dazu noch Feuer- und Bondage-Shows. Es lohnte sich also, dafür durch den immer tiefer werdenden Matsch zu waten.

Ebenfalls aus Schweden, traten Fejd als nächste Band auf der Festivalbühne auf. Hier herrschten weniger finstere Blicke vor, als Konzentration auf die Finesse traditioneller schwedischer Folkmusik in Verbindung mit modernem Metal. Diese Ehe sind Fejd vor einigen Jahren eingegangen und sie haben das Projekt gemeistert, hin zu einem unverkennbaren eigenen Klang. Da schoss einem so ehrfürchtig das Wikingerblut durch den Kopf, dass man diesen sogleich mit im Takt schütteln musste. Definitiv ein Highlight des diesjährigen Hörnerfests! Weniger berauschend war dafür danach der Auftritt von Mutabor. Die Berliner Gruppierung rund um Axel Steinhagen, wechselte nach ihrer Neugründung 2009 nicht nur einige Mitglieder, sondern zumindest auch teilweise den Stil. Herausgekommen ist dabei eine Mischung aus Punk, Reggae und Ska mit Flöte, Geige, Saxophon und deutschen Texten, die nicht unbedingt zum allgemeinen Sound des Festivals passten. Wir waren gerade deswegen für die kleine Verschnaufpause dankbar und gönnten uns die eine oder andere Erfrischung, bevor es zum Abendprogramm überging.

Eine Überraschung der positiven Art gab es schließlich mit Skyclad. Mit einer äußerst energetischen Show konnten diese Hohepriester des Folk-Metal-Genres überzeugen. Eingängige Gitarrensounds und cleaner Gesang sind die Markenzeichen der einflussreichen Band, die zum ersten Mal das Hörnerfest ensiferum_10_by_zouberi-dbixy7nbespielten. Präsentiert wurde das brandneue Album Forward Into The Past und neben neuen Songs wurden auch etliche ältere Stücke aus der langjährigen Bandgeschichte gespielt. Wir hoffen auf ein baldiges Wiederkehren dieser Band! Den Headliner-Slot hatten schlussendlich niemand geringerer als Ensiferum inne. Die Finnen rund um Gitarrist und Texter Markus Toivonen brachten zwar keine neue CD mit, rissen das Publikum aber dennoch sofort in ihren Bann. Neben dem fast schon legendären Herumgehopse von Bassist Sami Hinkka kam auch die neue Akkordeon-Spielerin Netta Skog bei der durchgehend pogenden und moshenden Menge recht gut an. Alles in allem, eine beeindruckende Performance, da konnte man sich nur noch eines wünschen: „One more magic potion!“

Und wieder einmal war das Hörnerfest viel zu schnell vorbei. Auch die zwölfte Ausgabe davon darf man als Erfolg vermerken und wir freuen uns schon auf die magische Dreizehn. Bis dahin wünschen wir euch viel Spaß auf anderen Festivals und man sieht sich wieder auf dem Hörnerfest 2018!