ASP-9ASP brachten erneut ihren makabren, gewitzten und poetisch-hochwertigen Gothic Novel Rock in den RuhrCongress Bochum, pünktlich zum Release des zweiten Teils ihres „Verfallen“-Album-Doppels. Das nimmer müde werdende Düster-Ensemble um Frontmann Alexander „ASP“ Spreng war am 08.04. zu Gast im Pott – nicht, dass die Band nicht erst vergangenen Herbst zuletzt in der Region war. Die Akkordarbeit beider Alben erfordert nun einmal auch eine angemessene Live-Präsentation, so viel ist bei den drei Buchstaben ja schon längst klar. Lest hier, was der Abend mit sich brachte.

Spielbann, die Ziehtochter und Ziehsöhne von Alexander Spreng, eröffneten den Abend zunächst um Punkt 8 Uhr. Die fünfköpfige Band aus Saarbrücken dürfte den meisten Konzertbesuchern bereits von der vergangenen Herbst-Tour zum ersten Astoria-Fragment bekannt sein – und wie es der Zufall will hatten auch sie ein Quasi-Sequel zu ihrem 2015er „In Gedenken“ dabei. Die neue EP in Album-Länge hört auf imageden Namen „Wiedergänger“ – und hier wurden auch gleich ein paar neue Stücke in den Auftritt eingeflochten. Imposant hier vor allem das furiose „Feuerteufel“. Neben den Ohrwürmern „Auferstehung“ zum Auftakt oder dem Horror-Szenario „Die Bestie in dir“ konnte Sängerin Nic Frost einen echten Gänsehaut-Moment mit ihrem emotionalen, tottraurigen „Lebewohl“-Solo auslösen. Während der Auftritt weit solider und selbstbewusster als noch in der Turbinenhalle letztes Jahr (-> wir berichteten) wirkte, kaufte man Spielbann ihre Songs auch mehr ab – und das ist doch wirklich positiv aufgefallen. Ein großes Dankeschön sprach Frontmann Seb an ASP aus, ihrem „Mentor, Gönner, Freund und Unterstützer“. Nachdem noch ein bisschen die Werbetrommel gerührt wurde für die erste Headliner-Tour der Saarländer, zu der sie im Herbst auch der Matrix Bochum einen Besuch abstatten werden, schloss die Band mit „In alle Ewigkeit“ ihren runden Auftritt ab.

Kurz darauf ertönte das durch Mark und Bein bohrende Instrumental von „Ein Dro[eh]nen aus dem rostigen Kellerherzen“, welches den Hauptact einläutete und gleich zu „Wechselbalg“ umschwenkte. ASP ließ sich beim Aufmarschieren gehörig feiern und befahl gleich zu „Kokon“, eben jene abzulegen und zu tanzen – und dieser Bitte kam man wieder mal gerne nach. Klanglich war der RuhrCongress imageschon früh eine wahre Offenbarung (nicht zuletzt meinte ASP zur Turbinenhalle auch letztes Jahr noch, sie klänge, als ob man mit Blechdosen auf den Ohren in einer Kathedrale sänge). Eine Konzert-Phase wurde im Anschluss ganz dem neuen Album „Verfallen Folge 2: Fassaden“ gewidmet – so folgten das rasante „OdeM“, der eher behäbige Parasit „Köder“ und das vorab veröffentlichte „Das Kollektiv“, wieder einer dieser einschwörenden Fan-Songs, der mit Leichtigkeit zu einem neuen Hymnus der Band werden wird. Ganz wundervoll auch die schönen Sprüchlein und Verse, die ASP immer wieder zwischen den Songs einfließen lässt und mit denen er von Stück zu Stück leitet: „vom brüchigen Gemäuer zu alter Mühle“ würde es nun gehen, kündigte der geschminkte Meister beispielsweise an, an dessen Lippen die gesamte Besucherschaft hing wie eh und je, als es zum Fan-Liebling „Krabat“ zu Otfried Preußlers Jugendroman ging. Auch Platz für Humor fand man: so rief der Sänger dazu auf, doch nicht andauernd seine Smartphone rauszuholen – es würde der Moment während des Konzerts kommen, an dem alle Besucher mit Freuden ihren „kleinen Kamerad“ (welch frivole Verniedlichung!) herausholen dürften, an welchem der Mann am Mikro von all dem Schweiß „voll Scheiße“ aussehen wird. Mit „Souvenir, Souvenir“ kam dann dieser Moment – hier posierte ASP in den seltsamsten, übertriebenen Model-Posen mit Duckface und Grimassen. Fantastisch!

Nach den ASP-Klassikern „Und wir tanzten (Ungeschickte Liebesbriefe)“, dem lasziven „Werben“ und dem „Schwarzen Schmetterling“, die die Nostalgie etwas hochhalten konnten, folgte das Ende des regulären Sets mit der rauschhaften Liebeserklärung an die Gothic-Szene „Schwarzes Blut“. Nach dem „Ayooo“-Chor dann mit „Umrissmann“ noch ein Happen vom neuen Album, bevor der „Ich will brennen“-Chor endlich erhört und den Fans der Disco-Evergreen beschert wurde. Als zweite Zugabe folgten noch „Rücken an Rücken“, welches -manchen als Teil des Grand Finale etwas zu ruhig und melancholisch- mittlerweile zu einem festen Live-Endstück avanciert ist, sowie das eigens geschriebene „Fortsetzung folgt 1“ zum Vertrösten auf die Zukunft.image

Fazit: Ein wenig verriet ASP ja schon, welch eine Mammut-Maloche das Album-Doppel „Verfallen“ in nur einem halben Jahr Zeitdistanz machte – eine Schnapsidee eines „bierseligen“ Abends, so der Sänger. Das „traurige Resultat“, wie er es bescheiden nannte, konnte sich aber live durchaus sehen lassen, auch wenn die richtigen Reißer des neuen Albums fehlten. Man würde aber lügen, behauptete man etwas anderes: Maestro ASP präsentierte sich und seine Band auch an diesem Abend in gewohnter Power. Trotzdem möchte man sich ein wenig darüber echauffieren, dass die Setlist nicht wirklich große Änderungen gegenüber der jüngsten Herbst-Tour zum Part 1 der Astoria-Tour fand – dass das bei ASP natürlich Meckern auf hohem Niveau ist, dürfte klar sein. Und doch fanden lediglich drei Songs vom aktuellen Neuwerk ihren Weg hinein, während der Rest quasi unverändert blieb. Schade. Insgesamt aber dennoch ein Wahnsinns-Abend. Es ist ASP, seien wir ehrlich. Was soll da schief gehen, außer, dass es mittlerweile so viel Songgüter gibt, dass kein Auge mehr trocken bleiben kann, wenn das Konzert nicht auf eine zweistellige Stundenzahl gestreckt wird? Support-Act Spielbann wussten diesmal –ob des besseren Klangs in der RuhrCongresshalle wegen, den neuen Songs geschuldet oder einfach, weil Spielbann sich live schlicht „eingespielt“ zu haben scheinen- weit mehr zu begeistern und wirkten nicht mehr so sehr wie ein ASP-Ableger. Schon im Herbst werden sich ASP erneut die Ehre auf der „Ich bin ein wahrer… GeistErfahrer“-Tour geben, diesmal wird der Ruhrpott mit einem Gastspiel im Dortmunder FZW beehrt. Wir freuen uns jetzt schon!